Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

80 Achtzehntes Kapitel 25. Jannar 
Bericht fort — an mehrere Häuser, drei, vier, und zuletzt fand ich eine 
offne Thür. Wie ich aber ein paar Schritt auf der dunkeln Haus- 
flur gegangen war, fiel ich in eine Art Wolfsgrube. Zum Glücke 
war es nicht tief, und wie ich mich überzeugte, war Pferdedünger 
darin. Ich dachte zuerst: Wie wärs, wenn man hier bliebe — auf 
dem Pferdemist, wurde aber doch gewahr, durch den Geruch, daß 
noch andres dabei war. Wie das sich doch mitunter seltsam trifft. 
Wenn die Grube zwanzig Fuß tiefer war und voll, da hätten sie 
am andern Morgen ihren Minister lange suchen sollen, und einen 
Bundeskanzler gäbe es heute wohl auch nicht.“ — „Ich ging nun 
wieder hinaus und fand einen Platz unter den Arkaden am Markt- 
platze. Da legte ich mir ein paar Kutschkissen hin und machte mir 
ein Kopfkissen von einem dritten und streckte mich zum Schlafen 
hin. Als ich mich hingelegt hatte, kam ich mit der Hand neben 
mir in was Nasses, und als ich es untersuchte, war es etwas 
Ländliches — von einer Kuh.“ — „Später weckte mich einer. Es 
war Perponcher, der sagte mir, der Großherzog von Mecklenburg 
hätte noch ein Unterkommen für mich und ein Bett übrig. Das 
war richtig, nur war das Bett ein Kinderbett. Ich machte mirs 
zurecht, indem ich mir zu Füßen eine Stuhllehne hinstellte, und 
schlief ein. Aber früh konnte ich kaum aufstehen, da ich mit den 
Knieen auf der Lehne gelegen hatte.“ 1 — „Wenn man nur einen 
Strohsack hat, kann man sichs recht bequem machen, auch wenn er 
recht schmal ist, wie das oft vorkommt. Man schneidet ihn nämlich 
in der Mitte auf, schiebt das Stroh nach den langen Seiten zurück 
und legt sich dann in die auf diese Weise entstandne Mulde. Ich 
habe das mitunter in Rußland so gemacht, auf der Jagd. Ich 
schnitt es da mit dem Hirschfänger auf, legte mich hinein und schlief 
wie ein Sack.“ 
„Das war, wie die Depesche von Napoleon ankam,“ bemerkte 
Bohlen. 
Der Chef erwiderte: „Ja, über die der König sich so freute, 
weil darin anerkannt war, daß er eine große Schlacht gewonnen 
hatte — seine erste große Schlacht.“ 
  
1 Dieselbe Geschichte erzählte Bismarck schon im Oktober 1866 in Putbus, 
Poschinger, Tischgespräche I, 41.
	        
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