Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

82 Achtzehntes Kapitel 25. Januar 
Regierung hätten, die ja gleichfalls Zwangsmaßregeln gegen sie in 
Anwendung bringe. — In der Nacht von vorgestern auf gestern 
haben, wie der niederländische Gesandte seiner Regierung meldet, 
die Roten in Paris einen Putsch gewagt, einige von ihren Rädels— 
führern (pellhammels) aus dem Gefängnisse befreit und dann vor 
dem Stadthause einen Kampf provoziert. Die Nationalgarde hat 
auf die Mobilgarden geschossen, es hat Tote und Verwundete ge— 
geben, zuletzt aber ist die Ruhe wieder hergestellt worden. — Ich 
finde in den Konzepten, daß der Chef aus den 39 Offizieren, die 
wir in dem Treffen vom 19. Januar verloren haben, in meinem 
nach dem Generalstabsberichte verfaßten Telegramme 19 gemacht 
hat. Er sagt auch bei Tisch, es wären nur neunzehn, wie er denn 
auch die Zahl der Toten, die wir im Laufe des ganzen Feldzugs 
auf dem Schlachtfelde verloren haben, nur auf sechstausend angab. 
Indes korrigierte er sich, als man ihm die richtige Zahl im Moni- 
teur officiel gebracht hatte, indem er sagte: „Hm, es sind doch 
mehr, als ich dachte, über zwölftausend." 
Um zehn Uhr, wo Favre noch da war, heftiges Schießen aus 
grobem Geschütz, das wohl eine Stunde anhielt. Nach halb elf Uhr 
ging ich ins Theezimmer hinunter, wo ich Hatzfeldt und Bismarck- 
Bohlen im Gespräche mit del Rio antraf. Er ist ein Mann von 
Mittelgröße und hat einen dunkeln Vollbart, etwas Mondschein auf 
dem Scheitel und ein Augenglas auf der Nase. Bald nach meiner 
Ankunft begab er sich, von Mantey begleitet, nach Hause, d. h. in 
sein Quartier bei Stieber, und eine Viertelstunde später folgte ihm 
Favre nach. Del Rio hat von Paris als dem centre du monde 
geredet, das Bombardement ist also ein Scheibenschießen nach dem 
Zentrum der Welt. Er hat ferner erzählt, daß Favre in Reuil 
eine Villa und in Paris einen großen Keller mit allen möglichen 
Weinen habe, und daß er selbst in Mexiko ein Gut besitze, das 
sechs Quadratmeilen groß sei. — Nach Favres Weggange kam der 
Chef zu uns herunter, aß etwas kaltes Rebhuhn, ließ sich dann 
noch von dem Schinken bringen und trank eine Flasche Bier. Nach 
einer Weile seufzte er, richtete sich gerade und sagte: „Ja, wenn 
man selbst beschließen und befehlen könnte! Aber andre dahin zu 
bringen!" — Er schwieg eine Minute, dann fuhr er fort: „Was 
mich wundert, ist, daß sie keinen General herausschicken. Ihm sind
	        
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