Gründe für die Versagung der Entlassung. § 22. 129
sichtigten Auswanderung nach einem außerdeutschen Staate der bezügliche An-
trag öffentlich bekanntgemacht werden müsse und daß die Erteilung der Ent-
lassungsurkunde oder der Auswanderungserlaubnis erst nach Ablauf einer ge-
wissen, meistens zwischen vier und sechs Wochen variierenden Frist erfolgen
dürfe, hinfällig geworden.
Auch ist die zur Erteilung der Entlassung befugte höhere Verwaltungs-
behörde nicht berechtigt, die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit bis zur
Berichtigung etwaiger Steuerrückstände zu verweigern (s. Entscheidung des
kgl. preuß. Oberverwaltungsgerichts vom 14. Sept. 1887, Anhang, Anl. Nr. 40;
OVG. 15, 405).
Ob es ratsam sein dürfte, eine Beschlagnahme von Entlassungsurkunden
als prozeßrechtliche Sicherungsmaßregel überhaupt zu verfügen (vgl. die er-
wähnte Entscheidung, auch OVG. 35, 407), erscheint mir schon um deswillen
zweifelhaft, weil eine erkennende Behörde vermeiden muß, eine Verfügung
zu treffen, die in Wirklichkeit einem Schlag ins Wasser gleichkommt.
Die Auswanderung ist frei. Kein Deutscher bedarf, um auszuwandern,
der Entlassungsurkunde. Wehr- und Militärpflichtige oder noch nicht aus dem
Dienst entlassene unmittelbare oder mittelbare Staatsbeamte bekommen die
Entlassungsurkunde überhaupt nicht (§ 22 Abs. 1 d. G.). Ist aber ein Deutscher
seinen Verpflichtungen gegen den Staat nachgekommen und wandert er aus,
um vielleicht in einem anderen Staate die Staatsangehörigkeit zu erwerben,
so kann ihm nur geraten werden, wie es auch in der Verfügung des preuß.
Min. d. J. vom 20. Nov. 1904 (s. zu § 17 d. G. Anm. 2) geschehen ist, die Ent-
lassung nicht nachzusuchen. Denn wie anderweit ausgeführt worden ist, bedeutet
für den entlassenen Deutschen die Zwischenzeit von der Niederlassung bis zur
Erwerbung der fremden Staatsangehörigkeit ein Stadium der Schutz= und
Staatlosigkeit.
Wird nun der Fall angenommen, daß einem Deutschen die Entlassung be-
willigt, die Urkunde aber ihm noch nicht ausgehändigt worden ist, so würde eine
Behörde, die wegen prozeßrechtlicher Maßnahmen die Aushändigung der Ent-
lassungsurkunde verhindert, dem Entlassenen dadurch nicht schaden, sondern ihm
im Gegenteil nützen, und dies dürfte doch nicht in der Absicht der erkennenden
Behörde liegen.
Im übrigen dürften die Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts auf
das neue Gesetz nicht anwendbar sein, da dasselbe in § 23 Abs. 1 Satz 2 aus-
drücklich die Fälle erwähnt, in welchen die Aushändigung der Entlassungs-
urkunde verweigert werden kann, unter diesen aber die Fälle der Steuerrück-
stände und der Beschlagnahme als prozeßrechtlicher Sicherungsmaßregel nicht
aufgeführt sind.
Wegen des Rekurses bei Verweigerung der Entlassung vgl. § 40 d. G.,
wegen der Kosten der Entlassung § 38 d. G.
15. Anordnungen.
Bei eintretender allgemeiner Mobilmachung haben alle im Auslande
befindlichen Personen des Beurlaubtenstandes sich unverzüglich in das Inland
Cahn, Staatsangehörigkeitsgesetz. 4. Aufl. 9
#s# 22.