Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

Anhang. Anlage Nr. 12. 247 
Erwerbung der Staatsangehörigkeit an einen Formalakt zu knüpfen und 
die Gründe des Verlustes der Staatsangehörigkeit so, wie es in dem 
§ 13 des Ges. mit den Worten: „die Staatsangehörigkeit geht fortan 
nur verloren 1. usw.“ geschehen ist, auf eine Reihe ganz genau bestimmter 
Vorgänge zu beschränken, welche mit einer von Aufsichts wegen erfolgen- 
den Superrevision der endgültig vollzogenen Naturalisationsakte nichts 
gemein haben (zu vgl. Seydel a. a. O. S. 139 und 142, v. Rönne, Preuß. 
Staatsrecht § 131 Bd. II S. 18 Anm. 1b und S. 22 Anm. 2b). Die 
hier wegen Mangels der erforderlichen tatsächlichen Voraussetzungen der 
Naturalisation erfolgte Annullierung der letzteren durch die Aufsichts- 
behörde erscheint nach alledem durch das Reichsgesetz ausgeschlossen und 
darf ihr daher eine rechtliche Wirkung nicht beigemessen werden. 
Unberührt von dieser Entscheidung bleibt die Frage, ob und eventuell 
unter welchen Voraussetzungen das Reichsgesetz es zuläßt, eine tatsächlich 
vollzogene Naturalisation als von vornherein null und nichtig zu be- 
handeln, so, daß es einer Beseitigung ihrer rechtlichen Folgen, einer 
Aufhebung derselben, gar nicht bedarf. Da unter der Voraussetzung der 
absoluten Nullität von einer „rechtlichen Wirkung“ des fraglichen Aktes 
überhaupt nicht die Rede sein kann, so ergibt sich hieraus, daß die An- 
erkennung derselben nicht etwa einen Grund des Verlustes der Staats- 
angehörigkeit im Widerspruche mit dem § 13 d. Ges. aufstellt; auch im 
übrigen berührt das letztere jene Frage überhaupt nicht und kann diese 
daher nur nach den für die rechtliche Beurteilung von Verwaltungsakten 
geltenden allgemeinen Rechtsnormen beantwortet werden. Diese kennen 
derartige „absolute Nichtigkeiten“ unzweifelhaft; auf ein Beispiel der- 
selben, die Naturalisation durch eine unbedingt unzuständige Behörde, 
ist bereits oben hingewiesen. Im vorliegenden Falle fehlt es dagegen 
an jedem Anhalt für die Statuierung einer solchen, insbesondere ist kein 
Grund dafür in der zwar streitig gebliebenen, nach Lage der Sache aber 
allerdings naheliegenden Annahme zu finden, daß der Kläger die Be- 
hörde durch Angabe falscher Tatsachen zu täuschen gesucht habe. 
Wie schon das Gemeine Recht, die sog. exceptio sub- et obreptionis, 
nur für eine bestimmte Kategorie von Hoheitsakten, namentlich für 
landesherrliche Reskripte in Justiz= und Gnadensachen ausgebildet hat, 
so hat auch die spätere Verwaltungsgesetzgebung die rechtliche Wirkung 
des Dolus eines bei einem Verwaltungsakte Beteiligten immer nur unter 
Berücksichtigung des Gegenstandes und der Wirkung desselben, sowie 
auch nur im Zusammenhange mit der Frage der Anfechtbarkeit und 
Revokation der einzelnen Akte behandelt. In dieser Weise hat derselbe 
beispielsweise auf dem Gebiete der Gewerbepolizei im § 53 der Reichs- 
Gewerbeordnung Berücksichtigung gefunden. Nirgends findet sich da- 
gegen ein Anhalt dafür, den Dolus ganz allgemein und ohne Rücksicht
	        
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