Anhang. Anlage Nr. 30. 317
§-8. Ohne Zustimmung der Behörde des zur Übernahme ver-
pflichteten Staates') darf diesem kein aus dem anderen Staate aus-
gewiesenes Individuum zugeführt werden, es sei denn, daß
a) der Rückkehrende sich im Besitze eines von der Behörde seines
Wohnortes ausgestellten Passes"“) (Wanderbuch, Pawßkarte), seit dessen
Ablauf noch nicht ein Jahr verstrichen ist, befindet, oder
b) daß der Ausgewiesene einem in gerader Richtung rückwärts
liegenden dritten Staate'““) zugehört, welchem er nicht wohl anders als
durch das Gebiet des anderen kontrahierenden Staates zugeführt werden
kann.
*) Ist die Übernahmepflicht eines Staates von der dazu kompetenten
Ober- oder Unterbehörde anerkannt worden, so darf die Übernahme selbst
nicht aus dem Grunde verzögert werden, weil es der näheren Feststellung des
Ortes bedürfe, wohin der Aufzunehmende zu weisen sei (Z. 4 des Schluß-
protokolls 1858).
Ein Zirkularerlaß des preuß. Min. d. J. vom 9. April 1883 (s. Ml.
S. 54) verfügt in gleicher Weise hinsichtlich der von auswärtigen Staaten
gestellten Ubernahmeanträge, wie folgt:
„Bei Prüfung von Anträgen auswärtiger Behörden auf Übernahme
gegenwärtiger oder vormaliger preußischer Staatsangehöriger sind wiederholt
Verzögerungen dadurch herbeigeführt worden, daß diesseitige Behörden sich
nicht auf die Feststellung der Staatsangehörigkeitsverhältnisse der Betreffenden
beschränkt, sondern gleichzeitig Ermittlungen zum Zwecke der Feststellung des
Unterstützungswohnsitzes der zu Übernehmenden veranlaßt haben. Abgesehen
von den dadurch in geschäftlicher Beziehung entstehenden Weiterungen, er-
wachsen der Staatskasse aus derartigen Verzögerungen insofern Nachteile, als
die an der Gothaer Konvention vom 15. Juli 1851 gegenwärtig noch beteiligten
Staaten (Bayern und Elsaß-Lothringen) gemäß § 7 alin. 2 des Freizügigkeits-
esetzes vom 1. Nov. 1867 berechtigt sind, für eine den zu übernehmenden dies-
eitigen Staatsangehörigen über 3 Monate hinaus gewährte Fürsorge Er-
stattung der Kosten zu beanspruchen.
Ew. usw. ersuche ich erg. in künftigen Fällen, in welchen die Übernahme
gegenwärtiger oder vormaliger preußischer Staatsangehöriger in Frage steht,
die Verhandlungen zunächst auf die Erörterungen der Staatsangehörigkeits-
verhältnisse der Betreffenden zu beschränken und alsbald nach Feststellung der
letzteren und der diesseitigen UÜbernahmepflicht die Abgabe der Übernahme-
erklärung bei gleichzeitiger Mitteilung des inländischen Ubernahmeorts zu ver-
anlassen. Wenngleich es nicht ausgeschlossen ist, daß in den Fällen, in welchen
der Unterstützungswohnsitz des zu Übernehmenden feststeht, dem betreffenden
Ortsarmenverbande gleichfalls eine entsprechende Mitteilung gemacht und dem-
selben auheimgeushl worden, die direkte Uberführung des Betreffenden zu ver-
anlassen, so ist doch in erster Reihe der Armenverband des Üübernahmeortes
verpflichtet und ev. dazu anzuhalten, dem zu Übernehmenden für den Fall
seiner Hilfsbedürftigkeit die erforderliche Unterstützung zu gewähren, wobei es
demselben überlassen bleibt, die Erstattung der dafür entstandenen Kosten von
dem hierzu verpflichteten Orts= oder Landarmenverbande (§ 37 des Gesetzes,
betreffend die Ausführung des Bundesgesetzes über den Unterstützungswohnsitz,
vom 8. März 1871) herbeizuführen."
**) Ist der Paß bzw. das Wanderbuch auf einen bestimmten Zeitraum
nicht ausgestellt, so ist derselbe in Beziehung auf die Vorschrift des § 8 lit. a
als fortdauernd gültig anzusehen (Z. 6 des Schlußprotokolls von 1854).
*) Wenn auf Grund dieser Bestimmung die Übernahme eines Ausgewie-
senen behufs des Durchtransportes gefordert wird, so hat die ausweisende Be-