Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XIX. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (19)

94 Die Organisation des Staates. Die Staatsbehörden. 540 
  
wenn die Beteiligten ausdrücklich auf eine solche verzichten, oder wenn von einem Beteiligten 
die Einrede der Unzuständigkeit der Verwaltungsgerichte vorgebracht worden ist (Art. 46). 
Im übrigen bestehen detaillierte Vorschriften über Mitteilung der Klage zur Erklärung, Gegen- 
erklärung, Festsetzung des Verhandlungstermins, Vorladung zur mündlichen Verhandlung, 
Vorbringung von Angriffs- und Verteidigungsmitteln, Beweiserhebung, Urteilsfällung usw. 
(Art. 45, 47 ff.). 
Als Beteiligten) in dem Verfahren erscheinen einerseits die „Parteien“, das 
sind diejenigen, welche der Behörde gegenüber ihr Recht vor den Verwaltungsgerichten ver- 
fechten, sowie die öffentlichen Behörden, gegen die sich der etwaige Klageantrag richtet, oder 
welche ihrerseits eine Angelegenheit vor das Gericht gebracht haben 2) — andrerseits die 
„Beigeladenen“, das sind Personen, „deren Interesse durch die zu erlassende Ent- 
scheidung berührt wird“, und welche infolgedessen von Amts wegen beigeladen werden. Die 
Entscheidung der Frage, welche Personen zu der Kategorie der „Beigeladenen“ gehören, ist 
in der Regel der richterlichen Beurteilung im Einzelfalle überlassen; für einige Fälle sind die 
„Beteiligten“ im Gesetze ausdrücklich genannt; für andere Fälle ist von Gesetzes wegen ein 
besonderes, meistens mit dem Erlasse einer öffentlichen Bekanntmachung verbundenes Ver- 
fahren vorgesehen, um aus dem Kreise der „Interessenten“ im weiteren Sinne diejenigen 
zu ermitteln, welche als „Beteiligte“ anzusehen sind 3). Die „Beigeladenen“ müssen die 
Entscheidung ebenso gegen sich gelten lassen wie die Parteien; infolgedessen steht ihnen auch, 
ebenso wie diesen, das Recht zur Einlegung von Rechtsmitteln zu (siehe besonders Art. 50 
und 70)"). — In dem Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof war nach dem Gesetz 
v. 11. I. 1875, Art. 4 stets ein besonderer, von dem zuständigen Ministerium bestellter 
„Vertreter des Staatsinteresses“ zuzuziehen. Das VMR. entbehrt, abgesehen 
von den Art. 89, 83 1I1 Z. 6, 109 1, 112, 113, eine solche allgemeine Vorschrift, scheint 
jedoch die Vertretung des Staatsinteresses in der Rechtsmittelinstanz als Regel anzusehen 5). 
Ist die Sache zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht die Entscheidung durch 
Urteil zu erlassen. Die Entscheidung darf nur die bei dem Verfahren Beteiligten betreffen 
und nicht über den Gegenstand der Verhandlungen hinausgehen. Mit der Entscheidung in 
der Hauptsache ist stets auch die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens zu verbinden. 
Unter Umständen kann eine Ergänzung des Urteils stattfinden (Art. 60—66). Das rechts- 
kräftige Urteil bindet für den Streitgegenstand sowohl die Verwaltungsgerichte als auch die 
Verwaltungsbehörden. Hinsichtlich der Wirkung des rechtskräftigen Urteils für und gegen die 
Beteiligten finden die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechende Anwendung (Art. 67). 
Erscheint zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen die Regelung 
eines einstweiligen Zustandes erforderlich, so kann der Vorsitzende des Gerichts zu diesem 
Zweck eine einstweilige Verfügung erlassen. Solche Verfügungen sind alsbald 
dem Gerichte zur Beschlußfassung über Aufrechterhaltung, Abänderung oder Aufhebung vor- 
zulegen; vor der Beschlußfassung sind die Beteiligten zu hören (Art. 69). 
III. Rechtsmittel. 1. Bezüglich der Zulassung von Rechtsmitteln 
fehlte es bisher an einem einheitlichen Prinzip; der Instanzenzug und die Art der anzuwen- 
denden Rechtsmittel war, soweit nicht direkte Lücken bestanden, für jeden einzelnen Fall direkt 
geregelt. Während die Kreisordnung (a. F.) alle gegen Entscheidungen der Verwaltungs- 
gerichte zulässigen Rechtsmittel unterschiedslos als Rekurs bezeichnete, sprachen die übrigen. 
hessischen Gesetze ohne Bindung an irgendein feststehendes System bald von Rekurs, bald 
von Berufung, bald von Revision, bald von Beschwerde, wobei unter Rekurs 
sowohl das erste als das zweite, als auch das dritte verstanden werden konnte. Zuweilen 
(vgl. K O. a. F., Art. 80, Abs. V) wurde der Ausdruck Rekurs überhaupt nicht im Sinne von 
1) Siehe über diesen Begriff Entwurf 1910 S. 75 f.; Best S 
Sto. Zum Beispiel im öffentlichen Interesse gemäß VRG. Art. 41 “ 71, 78 I:; vgl. auch 
t rt. 233. 
3) Vgl. Entwurf 1906 S. 68, 85; Entwurf 1910 S. 75 ff. 
4) Vgl. auch Entwurf 1910 S. 85. Best S. 34 
5) Vgl. Art. 74 und Entwurf 1910 S. 89. 
 
	        
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