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Landgerichtsdirektor und den sieben ältesten Mitgliedern des Oberlandesgerichts, in betreff
des Präsidenten, des bzw. der Senatspräsidenten und der Mitglieder des Oberlandesgerichts.
Bei Verhinderungen treten entsprechende Abänderungen ein (Art. 16 ff.). Die staatsanwalt-
schaftlichen Funktionen werden bei den Disziplinarkammern vom zuständigen Ersten Staats-
anwalt, beim Disziplinarsenat und beim Disziplinarhof vom Generalstaatsanwalt versehen.
Die Verhängung von bloßen Ordnungsstrafen erfordert auch bei Richtern kein vor-
gängiges förmliches Disziplinarverfahren.
4. Politische Rechtsfolgen. a) Bezüglich der Ministerverantwort-
lichkeit s. oben S. 68 ff.
b) Die Ministerverantwortlichkeit im konstitutionellen Sinn beschränkt sich auf diejenigen
Beamten, deren Verantwortlichkeit gegenüber dem Landtag durch das MG. von 1821 aus-
drücklich festgestellt ist. Nach H V. 109 sind indessen nicht nur die Minister, sondern auch „sämt-
liche übrigen Staatsdiener, insofern sie nicht infolge von Befehlen ihrer vorgesetzten Behörden
handeln, jeder innerhalb seines Wirkungskreises für die genaue Beobachtung der Verfassung
verantwortlich.“ Ferner sind nach HV. Art. 80 die Kammern befugt, „diejenigen Beschwerden
an den Großherzog zu bringen, welche sie sich gegen das Benehmen der Staatsdiener aufzu-
stellen bewogen finden könnten.“
Diese allgemeine Beamtenverantwortlichkeit unterscheidet sich von der Ministerverant-
worklichkeit namentlich: a) durch den wesentlich größeren Kreis der verantwortlichen Personen,
5) durch die weniger scharfe Abgrenzung des Gegenstands der Verantwortung; endlich y) durch
die Art der Geltendmachung der Verantwortlichkeit. Die Inanspruchnahme der Minister-
verantwortlichkeit erfolgt entweder „aus eigener Bewegung“ des Großherzogs oder auf
Grund eines Beschlusses der Kammern durch die vom Großherzog zu verfügende Versetzung
des betreffenden Ministers in den Anklagezustand (MVG. Art. 4).
Die Geltendmachung der hier in Frage stehenden „nichtministeriellen Beamtenverantwortlich-
keit“ erfolgt durch Beschwerdeführung von seiten der Stände beim Großherzog und führt
nur dann zur Inanspruchnahme der eigentlichen Ministerverantwortlichkeit, „wenn die obere
Behörde das Verfahren der Unterbehörde gutheißt, die Sache also zu ihrer eigenen macht
und so selbst der beklagte Teil wird“ 1). Die Anregung zu einer solchen Beschwerde kommt
entweder unmittelbar aus der Mitte der Volksvertretung, oder sie wird durch eine Petition
von außen gegeben (HV. Art. 79, 80, 81). Die Beschwerdeerhebung geschieht entweder durch
übereinstimmenden Mehrheitsbeschluß beider Kammern (HV. 79) oder „im Wege der ge-
wöhnlichen Mitteilung“ an die Regierung durch Beschluß einer der beiden Kammern. Die
Regierung ist, anders als bei der Inanspruchnahme der Ministerwerantwortlichkeit, nicht ver-
pflichtet, auf die Beschwerde einzugehen 2). Wird der Beschwerde Folge gegeben, so kann
dies nur in der Weise geschehen, daß die Regierung eine Untersuchung eintreten läßt, eventuell
die Ahndung des betreffenden Beamten und die Beseitigung des Beschwerdeanlasses herbei-
führt und dem Landtage hiervon Kenntnis gibt.
e) Gegenüber Mitgliedern der Oberrechnungskammer können die Landstände unter
bestimmten Voraussetzungen unmittelbar die Einleitung des Disziplinarverfahrens beantragen 3).
#§* 46. Veränderungen und Beendigung des Beamtenverhältnisses. I. Ver-
änderungen des Beamtenverhältnisses. 1. Versetzung, d. h. über-
tragung eines anderen Amtes an Stelle des bisher bekleideten, ist gegenüber nichtrichterlichen
Beamten „aus Gründen der Verwaltung" auch gegen den Willen des Beamten jederzeit zu-
lässig, sofern damit Vergütung der Umzugskosten und keine Zurücksetzung in der „Dienstklasse"
(Rang)“) oder im Gehalt verbunden ist (Staatsdieneredikt Art. 16). Bezüglich der Versetzung
1) Siehe LV. I 1820 Beil. 15 S. 59 (Staatsm. Frhr. du Thil) u. Beil. 99 S. 89 f.;
vgl. auch LV. II 1821 Beil. 268 S. 31 und oben 5& 24 S. 53 ff.
2) Vgl. LV. 1 1820/21 Beil. 72 S. 84 f.
3) G. v. 14. VI. 1879, die Einrichtung usw. der Oberrechnungskammer betr., Art. 21.
4) Das frühere System der Dienstklassen (s. besonders G. v. 22. I. 1861) wurde
mittelst des G. v. 9. VI. 1898 und der hierzu gehörigen Besoldungsordnung durch das System