Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XIX. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (19)

8 47 Die Rechte der Beamten. 109 
durch freiwilligen Dienstaustritt, durch Dienstentlassung, und — von Rechts wegen — auf 
Grund bestimmter Verurteilungen. 
1. Der freiwillige Dienstaustritt (Resignation) erfordert, ebenso wie der 
Diensteintritt, Willensübereinstimmung zwischen Krone und Beamten. Die nachgesuchte 
Niederlegung des Amts kann einem Beamten vorbehaltlich des Verzichts auf Gehalt und 
Titel zu keiner Zeit, „Notfälle ausgenommen“, verweigert werden. Die Regierung kann 
jedoch — abgesehen von den aus dem Prinzipe der Ministerverantwortlichkeit sich ergebenden 
Ausnahmen 1) — aus Rücksicht auf den öffentlichen Dienst „den wirklichen Austritt aus dem 
Staatsamt“ auf höchstens 6 Monate aufschieben; auch setzt jede Niederlegung des Amtes 
voraus, daß der Staatsbeamte keine Geschäftsrückstände habe ?). 
2. Die Dienstentlassung (DDimission), d. h. die wider den Willen des Beamten 
durch einseitigen Willensakt des Staates herbeigeführte Beendigung des Dienstverhältnisses 
ohne Wahrung eines Anspruchs auf Titel und Ruhegehalt erfolgt entweder durch förmliches 
Disziplinarurteil (hierüber s. o. S. 106) oder durch formlose Verwaltungsverfügung. Letztere 
Art der Dienstentlassung ist jedoch nur gegenüber nichtrichterlichen Beamten und nur innerhalb 
der ersten fünf Dienstjahre („Probezeit") zulässig 3). 
3. Von Rechts wegen erfolgt die Beendigung des Dienstverhältnisses (Kassation) 
nach Reichsrecht bei rechtskräftiger Verurteilung zu einer Zuchthausstrafe (RStGB. F 33), 
bei Aberkennung der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Amter (§§ 35, 358), und bei Ver- 
urteilung zum Verlust der bekleideten öffentlichen Amter (RStB. §/ 81, 83, 84, 90, 94, 95) . 
& 47. Die Rechte der Beamten. Diese Rechte zerfallen, wenn von dem den Beamten 
durch Reichsrecht gewährten besonderen strafrechtlichen Schutz 5) und von den nicht hierher ge- 
hörigen sog. Amtsrechten der Beamten ?) abgesehen wird, in Ehrenrechte und Ver- 
mögensrechte. 
1. Ehrenrechte. a) Das Recht auf den Titel. Hierbei ist begrifflich zu unter- 
scheiden zwischen dem „Amtstitel“, d. h. demjenigen Titel, welchen die bekleidete Dienst- 
stelle unmittelbar mit sich bringt7), und dem „Charakter", d. h. demjenigen Titel, welcher 
einem Beamten ohne notwendigen rechtlichen Zusammenhang mit der Verwaltung eines 
bestimmten Amtes erteilt wird 8). Sofern nicht aus dem Gesetze selbst hervorgeht, daß der 
Ausdruck „Titel“ den Begriff „Charakter“ mitumfassen soll, kann dieser Ausdruck m. E. nur 
in der ursprünglich einzigen Bedeutung von „Amtstitel“ verstanden werden ?). Das Recht 
auf den Titel ist anerkannt und — wenn auch unvollkommen — geschützt durch die oben an- 
geführten Bestimmungen über Disziplinarbestrafung und über Veränderung und Beendigung 
des Dienstverhältnisses 10). 
b) Das Recht auf Rang ist rechtlich namentlich insofern bedeutsam, als eine Herab- 
setzung in der „Dienstklasse“ nach hessischem Recht unzulässig ist 11). Hierbei ist unter Dienst- 
klasse ausschließlich die aus der bekleideten Dienststelle sich ergebende Rangstufe zu ver- 
stehen. Bezüglich eines etwaigen aus dem „Charakter"“ folgenden höheren Rangverhältnisses 
gilt das unter à Gesagte. Eine staatliche Beamtenrangordnung wurde bisher nicht erlassen 12). 
2. Die vermögensrechtlichen Dienstansprüche. a) Das Recht auf 
Diensteinkommen ist ein dem Beamtenbegriffe zwar nicht wesentlicher, mit der Be- 
1) Vgl. Esselborn MV. S. 
2) Staatsdieneredikt Art. 11, 10 Vol. Wiegand S. 113ff. 
3) Siehe G. v. 27. Xl. 1874 Art. 1. 
4) BVgl. Wiegand S. 115 f.; s. auch H. Art. 50. 
5) Siehe namentlich RStG. # 113, 114, 193, 196. 
6) Siehe Zorn, Das Staatsrecht des Deutschen Reiches, Berlin 1895, I S. 288. 
7) Bgl. Wiegand S. 82. 
8) Veishiele Provinzialdirektor — Geheimerat; Landgerichtsrat — Geh. Justizrat. 
9) A. M. anscheinend Entw., Begründung z. Art. 4, S. 29. 
10) Bgl. namentlich Staatsdieneredikt Art. 11 und 15 Abs. 3. 
11) Siehe oben S. 107 u. Wiegand S. 71. Vgl. auch Besoldungsgesetz v. 9. VI. 1898 Art. 14. 
12) Vgl. oben S. 108.
	        
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