Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XIX. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (19)

8 51 Die Rechte und Pflichten der Gemeindeangehörigen im allgemeinen. 117 
  
  
Gemeinde, die auf ihren Antrag der LGO. unterstellt wurde, deren Einwohnerzahl aber auf 
unter 3000 Einwohner gesunken ist und bei zwei aufeinanderfolgenden Volkszählungen unter 
dieser Zahl geblieben ist, kraft Gesetzes wieder in den Kreis der Landgemeinden zurück (StO. 
Art. 7). 
Jede Gemeinde muß mit einem bestimmten umgrenzten Bezirk, welcher die Ge- 
markung heißt, versehen sein (LG. Art. 6, St O. 9)1). Jede Gemeinde, die einen eigenen 
Bürgermeister hat, und jede Vereinigung mehrerer Gemeinden unter einem gemeinschaft- 
lichen Bürgermeister bildet eine Bürgermeisterei (LGO. Art. 4). Keine Gemeinde kann sich 
bilden, umgestalten oder auflösen ohne Bewilligung der Staatsregierung. Die Vereinigung 
mehrerer Gemeinden — im Sinne der Verschmelzung zu einer einzigen Gemeinde 2) — 
erfordert, vorbehaltlich der Sonderbestimmungen der KO. Art. 3, 4 über die Veränderung 
bestehender Kreis= oder Provinzialgrenzen und die Zusammenlegung mehrerer Kreise usw., 
übereinstimmende Beschlüsse der beteiligten Gemeindevertretungen, Anhörung des Kreistags 
und Genehmigung der Staatsregierung. Verweigert eine beteiligte Vertretung ihre Zustimmung, 
so kann die Vereinigung nur durch Gesetz verfügt werden (St O. u. LGO. 9, 10) 2). Die Ver- 
einigung muß sich auf die Gemarkung, das Vermögen und die Schulden beziehen. Eine etwa 
erforderliche Auseinandersetzung zwischen den Beteiligten erfolgt im Verwaltungswege; etwa 
entstehende Streitigkeiten werden im Verwaltungsstreitverfahren entschieden. Privatrechtliche 
Verhältnisse werden durch die Auseinandersetzung nicht berührt (St O. u. LGG. 11). 
Die Teilung einer Gemeinde in zwei oder mehr Gemeinden erfordert: Antrag von 
mindestens einem Zehntel der wahlberechtigten Einwohner, Zustimmung der Gemeinde- 
vertretung, Anhörung des Kreistags und Genehmigung der Staatsregierung, eventuell — bei 
Verweigerung der Zustimmung zur Trennung — Gesetzesform. Die Trennung hat sich, 
ebenso wie die Vereinigung, auf die Gemarkung, das Vermögen und die Schulden zu be- 
ziehen. Auf die hiernach etwa erforderliche Auseinandersetzung finden die obengenannten 
Verfahrensgrundsätze mit der Maßgabe Anwendung, daß dem Ministerium des Innern der 
Erlaß geeigneter Anordnungen zur Herbeiführung einer gleichmäßigen Vertretung der be- 
teiligten Interessen vorbehalten bleibt (St O., LGO. 13) ). 
Die Abtrennung einzelner Grundstücke von der Gemarkung einer Gemeinde und deren 
Vereinigung mit der angrenzenden Gemarkung einer anderen Gemeinde erfordert, vorbehaltlich 
des Bestehens besonderer anderweitiger gesetzlicher Vorschriften, Zustimmung der beteiligten 
Gemeindevertretungen und Grundeigentümer, Anhörung des Kreistags und Genehmigung 
des Ministeriums des Innerm. Im Fall der Weigerung aller oder einzelner Beteiligter können 
derartige Veränderungen nur im Verwaltungsstreitverfahren und nur insoweit verfügt werden, 
als dies im öffentlichen Interesse geboten ist. Auf eine etwa erforderlich werdende Auseinander- 
setzung finden die oben erörterten Grundsätze entsprechende Anwendung (St O., LGO. 14) 5). 
II. Neben den Gemeindegemarkungen stehen die zu keiner Gemeinde gehörigen sog. 
„selbständigen Gemarkungen"“ oder (nach der Ausdrucksweise anderer Staaten) 
„ausmärkischen Besitzungen“. Ihr Eigentümer trägt in der Hauptsache für seine Gemarkung 
die anderwärts den Gemeinden zur Last fallenden Leistungen. 
&51. Die Rechte und Pflichten der Gemeindeangehörigen im allgemeinen. 
I. Die Begriffe „Gemeindeangehöriger“ und „Gemeindeangehörigkeit“ haben im Laufe der 
Zeiten mit dem Wandel der Anschauungen und der Gesetze über das Wesen und die Pflichten 
der Gemeinden mannigfache Wandlungen durchgemacht. Auch heute besteht noch kein ein- 
heitlicher Sprachgebrauch in dem Sinne, daß mit unbedingter Sicherheit für alle deutschen 
Staaten oder auch nur für einen einzelnen deutschen Staat gesagt werden könnte: „Zugehörig- 
1) Bezüglich des Begriffs und der Bedeutung der Gemarkung s. L V. II 1908/11 Drucks. 189 
(Gesetzentwif die Städteordnung betr., vom 29. IV. 1909) S. 81. 
2) Bezüglich der Bildung von Gemeindeverbänden s. LG. Art. 195 u. unten § 56. 
3) Vgl. Best, StO., S. 
4) Vgl. Best zu St ., * 7 13. 
5) Bgl. Best a. a. O.
	        
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