Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XIX. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (19)

130 Die Organisation des Staates. Die Selbstverwaltungskörper. 54 
  
hat 1). Solche Grundbesitzer können, wenn sie die Erfordernisse der Wählbarkeit nach Art. 40 
Abs. 1 LGO. mit Ausnahme desjenigen des Wohnsitzes in der Gemeinde erfüllen, diese Be- 
rechtigung entweder in Person ausüben oder durch einen Stellvertreter mit ihrer Vollmacht 
ausüben lassen. In gleicher Weise findet Vertretung statt, wenn diese Berechtigten juristische 
oder unter Kuratel oder Vormundschaft stehende Personen oder Frauen sind oder das 25. Lebens- 
jahr noch nicht zurückgelegt haben. Die Vertreter müssen die allgemeinen Erfordernisse der 
oben genannten Grundbesitzer erfüllen. Kein Mitglied des Gemeinderats darf mehr als 
eine Stimme führen 2). 
Bezüglich Wahl und Stellung der Gemeinderatsmitglieder gelten im allgemeinen die 
gleichen Grundsätze wie für die Stadtverordneten 23). Die Gemeinderatsmitglieder sind jedoch 
in einzelnen Beziehungen der Disziplinargewalt des Kreisausschusses unterworfen, dessen 
Beschluß (Ordnungsstrafe bis zu 20 Mk.) von dem Betroffenen mit Klage an den Provinzial- 
ausschuß als erste und letzte verwaltungsgerichtliche Instanz angefochten werden kann (LG. 
Art. 90, 112, 113, 131). 
II. Der Bürgermeister und die Beigeordnetent). 1. Für jede 
Gemeinde, die für sich eine eigene Bürgermeisterei bildet, und für jede aus mehreren Ge- 
meinden bestehende Bürgermeisterei ist ein Bürgermeister zu wählen. Ferner bedarf jede 
einzelstehende Gemeinde und, in zusammengesetzten Bürgermeistereien, jede Gemeinde, in 
welcher der Bürgermeister nicht wohnt, eines Beigeordneten, der in der betreffenden Gemeinde 
seinen Sitz hat. Die Zahl der Beigeordneten kann durch Beschluß des Gemeinderats mit 
Genehmigung des Kreisrats erhöht werden 5). 
Der Bürgermeister und die Beigeordneten sind von den wahlberechtigten Angehörigen 
der Gemeinde zu wählen. In zusammengesetzten Bürgermeistereien wird der Bürgermeister 
von den wahlberechtigten Angehörigen aller beteiligten Gemeinden gewählt, während die 
Wahlen der Beigeordneten jeweils durch die Angehörigen derjenigen Gemeinden vorzunehmen 
sind, in der die Beigeordneten ihren Sitz haben sollen ). Zum Bürgermeister und zum Bei- 
geordneten sind in den Landgemeinden — anders in den Städten — nur hessische Staats- 
angehörige wählbar; notwendige Voraussetzung ist die Wählbarkeit zum Mitglied des Gemeinde- 
rats. Im übrigen gelten, vorbehaltlich der besonderen Bestimmungen für besoldete Bürger- 
meister, in bezug auf Wählbarkeit, Wahlperioden, Vornahme der Wahl, Bestätigung der 
Gewählten usw. im wesentlichen die gleichen Grundsätze wie für die Stadtverordneten- 
wahlen. 
2. Die gewählten Bürgermeister und Beigeordneten bedürfen der Bestätigung durch 
den Kreisrat. Nimmt dieser Anstand, die Bestätigung zu erteilen, so hat er die Entschließung 
des Kreisausschusses einzuholen, dessen Entscheidung sowohl vom Kreisrat, als auch von dem 
Gewählten binnen zwei Wochen mit Klage im Verwaltungsstreitverfahren angefochten werden 
kann. Zuständig ist in erster Instanz der Provinzialausschuß, gegen dessen Entscheidung Be- 
rufung an das Ministerium des Innern stattfindet. Dieses entscheidet auf Grund des Akten- 
inhalts in kollegialischer Beratung. In bezug auf die Berufungsfrist, die Berufungsschrift 
und deren Mitteilung an die Beteiligten, sowie in bezug auf die Anschließung an die Berufung, 
Berufungszurücknahme und Abgabe der Verhandlungen an das Berufungsgericht finden 
die Art. 77 bis 82 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege entsprechende Anwendung. 
1) Art. 1 des Gesetzes, die Bildung der Ortsvorstände betreffend, vom 3. Mai 1858 in der 
Fassung des Art. 216 Abs. II lit. a LGO. 
2) LGO. Art. 216 Abs. II litt. a—d. Bezüglich der Vorgeschichte und Bedeutung dieser 
Bestimmungen s. LV. II 1905/8, Drucks. 110 S. 426; LV. II 1908/11, Drucks. 201 S. 112; 
Wennesheimer S. 69 ff., 111 ff., 124 ff. 
3) Siehe LGO. Art. 37—67. Die genannten Artikel sind großenteils gleichlautend mit 
den entsprechenden Artikeln der StO. Vgl. im übrigen den vorstehenden Paragraphen über 
die Stadtgemeindeverfassung. 
4) Hinsichtlich der Tätigkeit dieser Gemeindeorgane s. LGO. Art. 114—128 b. 
5) LG. Art. 68. 
6) LO. Art. 69.
	        
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