Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XIX. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (19)

134 Die Organisation des Staates. Die Selbstverwaltungskörper. 8 55 
  
dieses Gesetz (d. i. StO. bzw. LGO.) Verschiedenheiten 1) gestattet oder keine ausdrücklichen 
Bestimmungen 2) enthält“; 9) über Gegenstände, die durch besondere Gesetze ausdrücklich 
der Regelung durch Ortssatzungen überlassen sind 2). 
Die Ortssatzungen dürfen sich grundsätzlich nur mit Angelegenheiten nicht polizeilicher 
Natur ) befassen und nicht im Widerspruch mit bestehenden Gesetzen stehen. Zu ihrem Er- 
lasse ist, sofern nicht für bestimmte Fälle anderweitige Vorschriften bestehen 5), Beschluß der 
Gemeindevertretung ), gutachtliche Außerung des Bürgermeisters und des Kreisausschusses 
und Genehmigung des Ministeriums des Innern erforderlich. — Jede Ortssatzung muß eine 
Bestimmung über den Zeitpunkt ihres Inkrafttretens enthalten und ist in der von der Ge- 
meindevertretung für amtliche Bekanntmachungen beschlossenen Weise, außerdem aber auch 
noch in dem für die kreisamtlichen Bekanntmachungen bestimmten Blatt zu verkünden 7). 
I) Die Abgabe von Gutachten über alle Angelegenheiten, welche der Gemeindevertretung 
zu diesem Zwecke von den Aufsichtsbehörden überwiesen werden 2). — 
Die Beschlüsse der Gemeindevertretung unterliegen grundsätzlich einer dreifachen Kontrolle: 
a) Der Bürgermeister ist als das gesetzmäßige Ausführungsorgan der Gemeinde 
verpflichtet, die Ausführung eines Gemeindevertretungsbeschlusses, der nach seiner Ansicht 
die Befugnisse der Gemeindevertretung überschreitet, gesetz= oder rechtswidrig ist, auszusetzen. 
Beharrt alsdann die Gemeindevertretung auf ihrem Beschluß, so hat der Bürgermeister nach 
entsprechender Benachrichtigung der Gemeindevertretung durch Vermittlung des Kreisrats 
die Entscheidung im Verwaltungsstreitverfahren einzuholen. Die Gemeindevertretung muß 
sich in diesem Verfahren (erste Instanz Provinzialausschuß, zweite Verwaltungsgerichtshof) 
durch einen Rechtsbeistand oder sonstigen Bevollmächtigten vertreten lassen. Ein solches Ver- 
waltungsstreitverfahren hat auch bei sonstigen Meinungsverschiedenheiten zwischen Gemeinde- 
vertretung und Bürgermeister stattzufinden, falls dem Kreisrat zwecks Herbeiführung einer 
verwaltungsrichterlichen Entscheidung hierüber Vorlage gemacht wird ?). 
b) Der Kreisrat ist als gesetzmäßige Gemeindeaussichtsbehörde verpflichtet, falls 
die Gemeindevertretung einen ihre Befugnisse überschreitenden, gesetz- oder rechtswidrigen 
Beschluß gefaßt hat, den Bürgermeister zur vorläufigen Beanstandung der Ausführung dieses 
Beschlusses zu veranlassen. Der Bürgermeister hat die Gemeindevertretung hiervon zu be- 
nachrichtigen und ihr den Gegenstand des Beschlusses zur nochmaligen Beratung und Be- 
schlußfassung vorzulegen. Über das Ergebnis ist dem Kreisrat zu berichten. Besteht dieses 
in gänzlichem oder teilweisem Beharren auf dem beanstandeten Beschluß, so findet das Ver- 
waltungsstreitverfahren statt, wobei die Gemeinde von dem Bürgermeister vertreten wird. 
Erste Instanz ist, wenn es sich um Landgemeinden handelt, der Kreisausschuß, wenn es sich 
um eine Stadtgemeinde handelt, der Provinzialausschuß 10). 
c) Jede durch einen Gemeindevertretungsbeschluß in ihrer 
Rechtssphäre unmittelbar berührte Privatpers on ist befugt, zur 
1) D. h. Abweichungen von den in der StO. bzw. LG. aufgestellten regulären Bestim- 
mungen, wie z. B. Zahl der Stadtverordneten (St O. 35 II), Bildung der Wahlbezirke (St O. 47), 
Bestimmung über das außerordentliche Einzugsgeld (St O., LGO. 30 II), Zahl der Stadträte 
im Falle der Magistratsverfassung (St O. 205 III). 
2) Zum Beispiel in bezug auf die Benutzung der gemeindlichen Kanalisationseinrichtungen. 
3) Zum Beispiel Bestimmung darüber, welche Flächen zur Benutzung als Bauplatz nicht 
nehr geeignet sind; s. allg. Bauordnung Art. 13. Zahlreiche weitere Beispiele s. Ausf VO.z. diesem 
Gesetz § 5. 
4) Vgl. s 4 der vorbez. Ausf# O. 
5) Wie z. B. für den Erlaß von Baustatuten 5 7 a. a. O. 
6) In Stadtgemeinden mit Magistratsverfassung muß hierzu noch die Zustimmung des 
Magistrats treten (St O. 206). In den Landgemeinden ist der einschlägige Gemcnderatsbef luß 
eine Woche offenzulegen; über etwaige Einwendungen entscheidet der Gemeinderat (LGO. 15 IV). 
7) Siehe St O. 15 III, 116; LO. 15 IV, 92. 
8) Siehe StO., LG. 99. 
9) St O. Art. 96, LG. Art. 97; Best zu Art. 96 StO. 
10) St O. Art. 233, LGO. Art. 208; vgl. Best zu Art. 233 St O.; vgl. auch St O. Art. 237, 
Le#. Art. 214. 
  
 
	        
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