Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XIX. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (19)

178 Die Berfahrensvorschriften. 8 69 
a) Die Begründetheit oder Unbegründetheit der gegen den Enteignungszweck oder gegen 
den Enteignungsplan erhobenen Einwendungen und die Berechtigung der hiermit zusammen- 
hängenden Anträge. (Bei der Prüfung der Frage der Notwendigkeit der E. ist nicht bloß 
darauf Rücksicht zu nehmen, ob der Zweck auf eine andere Weise gar nicht erreicht werden 
kann; die Notwendigkeit ist vielmehr auch dann zu bejahen, „wenn der öffentliche Zweck nach 
allen vorliegenden Umständen und Verhältnissen am besten und sachgemäßesten durch die 
vorgeschlagene Verwendung erreicht wird“.) Mit dieser Entscheidung verbindet der Provinzial- 
ausschuß die Feststellung des Gegenstandes und des Umfanges der E., der Zeit, innerhalb 
deren längstens der Ausspruch der E. zu beantragen ist, und der Anlagen, zu deren Errichtung 
und Unterhaltung der Untermehmer im öffentlichen oder nachbarlichen Interesse verpflichtet wird. 
b) Die dem Eigentümer und den Nebenberechtigten zu leistenden Entschädigungen, die 
Sicherheitsleistung und die etwaige Ausdehnung der E. (im Sinne der Art. 15—18). Diese 
Entscheidung ist nur eine vorläufige und erfolgt mit Vorbehalt des Rechtswegs. 
Tc) Ausschluß der bei der Verhandlung vor der Lokalkommission unentschuldigt Aus- 
gebliebenen mit Anträgen und Einwendungen. 
d) In dringenden Fällen hat der Provinzialausschuß auf Antrag des Unternehmers 
über die unter a) genannten Punkte vorab zu entscheiden und auszusprechen, daß die Einweisung 
des Unternehmers in den Besitz des zu enteignenden Grundstücks gegen Hinterlegung der 
von der Lokalkommission begutachteten Entschädigungssumme zulässig sei (Art. 34). 
Gegen die vorgenannten Entscheidungen des Provinzialausschusses findet binnen 14 Tagen 
Berufung an den Verwaltungsgerichtshof statt. Gegen die unter b) erwähnte vorläufige Ent- 
scheidung ist binnen 6 Monaten die Beschreitung des Rechtswegs zugelassen (Art. 35 EG. 
mit den durch Art. 131 Nr. 21 VR. herbeigeführten Anderungen). 
4. Ausführung der Besitzeseinweisung und der Enteignung. 
Sobald die Entscheidung des Provinzialausschusses über die unter Ziff. 3 lit. a genannten 
Punkte rechtskräftig geworden und der Nachweis über die rechtsgültige Hinterlegung der 
Entschädigungssumme erbracht ist, wird auf Antrag des Unternehmers von dem Provinzial- 
ausschuß die Besitzesein weisung ausgesprochen (Art. 38). Sobald der Enteignungs- 
plan rechtskräftig festgestellt und die rechtsgültige Zahlung oder Hinterlegung der, wenn auch 
erst vorläufig, festgestellten Entschädigungs= und Kautionssumme erbracht ist, spricht der 
Provinzialausschuß auf Antrag des Unternehmers die Enteignung aus (Art. 39). Mit 
der Zustellung des Enteignungsausspruchs an Unternehmer und Eigentümer treten die privat- 
rechtlichen Wirkungen der Enteignung ein. Der Enteignungsausspruch vertritt zugleich die 
Stelle der Besitzeseinweisung, wenn diese nicht schon früher erfolgt ist (Art. 41). Bezüglich 
der weiteren Einzelheiten des Enteignungsverfahrens s. EG. Art. 42 ff. — 
5. Jedem Beteiligten, der aus erheblichen Gründen verhindert war, die Tagfahrt oder 
eine Frist einzuhalten, ist auf seinen, binnen zwei Wochen zu stellenden Antrag Wieder- 
einsetzung in den vorigen Stand zu erteilen. Die Entscheidung des Provinzialausschusses 
erfolgt nach Maßgabe des Enteignungsgesetzes (Art. 58) und des Verwaltungerechtspflege- 
gesetzes (Art. 131 Nr. 21) im Verwaltungsstreitverfahren. 
Tritt der Untemehmer vor rechtskräftiger Feststellung des Planes von seinem Unter- 
nehmen zurück, so erlischt das ihm verliehene Enteignungsrecht, und er haftet den Entschädigungs- 
berechtigten im Rechtswege für die ihnen durch das Enteignungsverfahren erwachsenen Nach- 
teile. Gibt er nach jenem Zeitpunkte das Unternehmen auf, oder versäumt er die rechtzeitige 
Stellung des Antrags auf die Enteignungserklärung, so hat der Eigentümer die Wahl, ob 
er lediglich Ersatz der vorgenannten Nachteile oder Zahlung der Entschädigung gegen Ab- 
tretung des Grundstücks verlangen will (Art. 60). Gibt der Unternehmer innerhalb dreier Jahre 
von der Zustellung des Enteignungsausspruches ab die Ausführung des Unternehmens auf, 
oder will er innerhalb dieser Frist das enteignete Grundstück verkaufen, so kann der frühere 
Eigentümer auf dem Rechtswege den Rückkauf des enteigneten Grundstücks gegen Rückerstattung 
der empfangenen Entschädigungssumme und der an dem Grundstücke vorgenommenen Wert- 
erhöhungen fordern. Will der Unternehmer nach Ablauf von drei Jahren und vor Ablauf von acht 
Jahren das abgetretene Eigentum verkaufen, so hat der Enteignete das Vorkaufsrecht (Art. 61).
	        
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