Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XIX. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (19)

194 Die Finanzverwaltung. die staatliche Finanzverwaltung. 5 79 
Die Feststellung der Steuer erfolgt durch das Großh. Erbschaftssteueramt in Darmstadt, 
die Einziehung und Erhebung durch die Bezirkskassen und die Hauptstaatskasse. Als „Ober- 
behörde“ im Sinne des §& 34 des Reichserbschaftssteuergesetzes fungiert die Steuerabteilung 
des Finanzministeriums, als oberste Landesfinanzbehörde aber das Finanzministerium selbst ½. 
#79. Hunde= und Nachtigallenstener. I. Hundesteuer. Der Besteuerung 
der Hunde sind vier Gesetze von 1874, 1899, 1900 und 1908 gewidmet, von welchen das zweite 
das erste und das vierte das dritte aufhebt. Zurzeit beruht die Hundesteuer demnach auf dem 
Gesetz vom 12. August 1899 (JBl. S. 523) i. d. F. des Gesetzes vom 27. Juni 1908 (KBl. 
S. 163), den näheren Vollzug regelt die Verordnung vom 4.— November 1899 (RBl. S. 888), 
i. 5 F. der Verordnung vom 2. Dezember 1905 (Rl. S. 320). 
Hiernach haben die Besitzer von Hunden innerhalb Hessens für jeden Hund alljährlich 
eine Staatssteuer von zehn Mark und — falls die Gemeinden von der ihnen erteilten gesetz- 
lichen Ermächtigung Gebrauch machen — eine Gemeindesteuer bis zur gleichen Höhe zu ent- 
richten. Von der Entrichtung dieser Steuer (an Staat und Gemeinde) sind Personen, die 
gewerbsmäßig Herden irgendeiner Art hüten, „für die zur Ausübung dieses Gewerbes ge- 
haltenen und hierzu unentbehrlich notwendigen Hunde“ befreit 2). Als unentbehrlich not- 
wendig erachtet das Gesetz bei Schafherden bis zu 300 Stück zwei Hunde, bei solchen bis zu 
600 Stück drei, bei größeren vier Hunde, bei anderen Herden ohne Rücksicht auf deren Größe 
einen Hund. Als Besitzer von Hunden, die von Personen gehalten werden, welche mit anderen 
Personen in gemeinschaftlichem Haushalt leben, ist der Haushaltungsvorstand anzusehen. 
Zur Sicherung des Vollzugs des Gesetzes wurden durch die beiden vorgenannten landes- 
herrlichen Verordnungen Bestimmungen über Anmeldung und Besteuerung der Hunde 
erlassen; dem gleichen Zwecke dienen die in der Verordnung vom 4. November 1899 ent- 
haltenen Strafbestimmungen und die dort aufgestellten Vorschriften über Rechts- 
mitteleinlegung. Die angedrohte Strafe beträgt höchstens das Doppelte der staat- 
lichen und der etwaigen gemeindlichen Steuer. Sie kann im Falle der Uneinbringlichkeit nach 
Maßgabe der # 28 und 29 des Reichsstrafgesetzbuches in Haft umgewandelt werden. Als 
Rechtsmittel sind zugelassen: Einspruch an das Hauptsteueramt, und — gegen dessen Ent- 
scheidung — Beschwerde an die Steuerabteilung des Finanzministeriums:; die Rechtsmittel- 
frist beträgt in beiden Fällen 14 Tage. 
II. Die Nachtigallensteuer. Die ihrem Ertrage nach kaum in Betracht kom- 
mende Nachtigallensteuer beruht formell auf der Bestimmung des § 3 Ziff. 7 lit. d des Finanz- 
gesetzes vom 29. Dezember 1852 (RBl. S. 601), welche lautet: „Von den Besitzern von 
Nachtigallen sollen vom 1. Januar 1853 an eine Abgabe von 5 fl. für jede gehalten werdende 
Nachtigall erhoben werden.“ Diese Bestimmung wurde beinahe wörtlich wiederholt in einer 
landesherrlichen Verordnung, die Abgabe von Nachtigallen betreffend, vom 19. März 1853 
(RBl. S. 126), welche „zur Vollziehung des § 3 des Finanzgesetzes vom 29. März 1852 und 
in Gemäßheit des Artikels 73 der Verfassungsurkunde“ nähere Vorschriften in bezug auf 
Anzeigepflicht, Abgabenerhebung, Listenführung, Bestrafung, Rechtsmitteleinlegung usw. 
aufstellt. Eine Bekanntmachung des Finanzministeriums vom 27. November 1874 (Rl. 
S. 670 stellt den Steuerbetrag nach der Reichsmarkwährung auf 8 Mk. 60 Pf. fest. 
Die rechtliche Grundlage der Nachtigallensteuer ist nicht einwandfrei, da sich das Finanz- 
gesetz nach seinem Wesen — das auch in den Einleitungsworten des Gesetzes vom 29. Dezember 
1852 zum Ausdruck kommt — nicht zur Aufstellung von Rechtssätzen und zur Begründung 
von Rechtsverordnungsbefugnissen eignet. Die Zulässigkeit der Steuererhebung auf dieser 
Grundlage ist indessen meines Wissens bisher nicht beanstandet worden und daher jedenfalls 
vs Frhrn. Heyl zu Herrusheim). Vgl. auch van Calker i. Jahrb. d. öff. R. 1910 
431 und Bürgerbuch S. 3 
1) Siehe Vollzugsvorschriften v 13. VIII. 1906, Amtsblatt d. M. d. F., Abt. f. Steuer- 
wesen, Jahrg. 1906, Nr. 57, S. 881;: abgedr. bei zZimmermann, Reichserbschaftssteuer- 
gesetz, München 1906. 
2) Der letzte Absatz des Art. 3 des Hundesteuergesetzes ist durch das Gesetz von 1908 nicht nur 
in seiner neueren Fassung, sondern schlechthin aufgehoben worden.
	        
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