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von Defekten (Art. 10), auf die Verleihung von Besoldungen, Remunerationen und Unter-
stützungen für Beamte (Art. 11 und 12), auf die etatsmäßige Behandlung „künftig wegfallender"
Ausgaben und persönlicher Zulagen (Art. 13), auf die Vornahme des Bücherschlusses und
die Verrechnung von Einnahme= und Ausgaberückständen (Art. 14, 15), auf die Aufstellung
der Rechnungsnachweisungen und die definitive Rechnungsablage und speziell auf die Be-
handlung der Etatsüberschreitungen (Art. 17—21).
Nach der Entstehungsgeschichte und dem wesentlichen Inhalte des Etatsrechtsgesetzes
kann kein Zweifel bestehen, daß bei seinem Erlaß der Fall des Nichtzustandekommens einer
Etatsvereinbarung nicht in Betracht gezogen wurde. Gleichwohl sind die Bestimmungen
dieses Gesetzes auch für den immerhin nicht außerhalb des Bereiches der Möglichkeit liegenden
Fall des Fehlens einer Budgetvereinbarung, soweit als möglich, anzuwenden. Vor allem
gilt dies für den selbstverständlichen Satz (Art. 1), daß die Einnahmen und Ausgaben des Staates
nach den Gesetzen zu verwalten sind. Das gleiche gilt bezüglich der Bestimmungen
über die äußere Anordnung des Etats, über Veräußerung von Staatseigentum, Abschluß
von Kontrakten und überhaupt für alle Vorschriften, die nicht begrifflich notwendig das Be-
stehen eines vereinbarten Hauptvoranschlags voraussetzen.
Im übrigen ist daran festzuhalten, daß das Etatrechtsgesetz von 1879 weder den Willen
noch die Wirkung gehabt hat, die Grundlagen des ständischen Budgetrechts zu verändern 1).
8z 82. Die Rechnungskontrolle. Abgesehen von der staatsaufsichtlichen Kontrolle,
welche von jeder Behörde gegenüber den ihr unterstellten Behörden und Beamten in bezug
auf die richtige Durchführung der hinsichtlich des Rechnungswesens geltenden gesetzlichen und
instruktionellen Vorschriften geübt wird, untersteht die Wirtschaftsführung des Staates einer
zweifachen Kontrolle: derjenigen der Oberrechnungskammer und derjenigen der Landstände.
I. Die Oberrechnungskammer ist eine dem Landesherrn unmittelbar unter-
geordnete, der Staatsverwaltung gegenüber selbständige Behörde, welche die Kontrolle des
gesamten Staatshaushaltes durch Prüfung und Feststellung der Rechnungen über Einnahmen
und Ausgaben von Staatsgeldern, über Zu- und Abgang von Domanialeigentum und über
die Verwaltung der Staatsschulden zu führen hat. Sie besteht nach näherer Vorschrift des
ihre Einrichtung und ihre Befugnisse nach preußischem Vorbild regelnden Gesetzes vom
14. Juni 1879 (RBl. S. 479)/31. Mai 1911 (RBl. S. 77) aus einem Präsidenten und der
erforderlichen Anzahl von Kollegialräten — eines der Mitglieder muß die Befähigung zum
Richteramt besitzen — sowie aus dem nötigen Revisions- und Kanzleipersonal; die Erstgenannten
genießen die richterliche Unabsetzbarkeit. Die ORK. hat eine kollegialische Verfassung; für alle
wichtigeren Beschlüsse ist kollegialische Beratung und Beschlußfassung unter Teilnahme von
mindestens drei Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden vorgeschrieben (Art. 1—5).
Der Osr. obliegt die „Revision“ und der „Abschluß“ aller die Ausführung des Finanz-
gesetzes und des Hauptvoranschlags dartuenden Rechnungen, ferner der Rechnungen des Fonds
zur Ergänzung des Großh. Familieneigentums und endlich der ihm ausdrücklich überwiesenen
Gemeinde-, Kirchen- und Stiftungsrechnungen, sowie der Rechnungen über sonstige öffentliche
Fonds. Die Revision ist einerseits auf die rechnerische Richtigkeit (Rechnungsjustifikatur), anderer-
seits auf die Befolgung der einschlägigen Gesetze und Vorschriften zu richten und hat zugleich
festzustellen, ob und wo etwa zur Beförderung der Staatszwecke Abänderungen in der Ver-
waltung wünschenswert sind. Zum Zwecke der Durchführung ihrer Revisionstätigkeit kann
die ORK. von den Behörden alle erforderlichen Auskünfte, Aktenvorlage usw. verlangen, durch
Kommissäre an Ort und Stelle Informationen einholen und außerordentliche Visitationen
sowie periodisch wiederkehrende unvorhergesehene Visitationen vornehmen.
Die „Erinnerungen" der ORK. zu den ihr regelmäßig vorzulegenden Staats-
rechnungen betreffen entweder den Rechner oder die dekretierende Behörde.
1) Auch die Bestimmung des Art. 11, „Besoldungen dürfen nur auf Grund des mit den Stän-
den vereinbarten Hauptvoranschlags verliehen werden,“ kann nicht als die Aufstellung eines neuen
Peinzips angesehen werden, wonach die Krone grundsägzlich zu je der Ausgabe der Zustimmung
der Stände bedürfle und wonach die Stände jede Ausgabe förmlich zu bewilligen hätten.
Der Ausgabenetat wird erst durch die Budgetvereinbarung für die Regierung verbindlich!