Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XIX. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (19)

206 Die Finanzverwaltung. Die Finanzverwaltung der Selbstverwaltungskörper. 83 
finden auf den Rechner und dessen Hilfspersonal die Vorschriften über die Defekte der Beamten 
Anwendung (StO. 161—166; LGO. 155—160). 
II. Die Gemeindeeinkünfte. Diese lassen sich in folgende Gruppen ein- 
teilen: 
1. Erträgnisse des Vermögens und der wirtschaftlichen Unternehmungen; 2. besondere 
Ausschläge, Gebühren und Abgaben; 3. indirekte Steuern; 4. sonstige Einkünfte; 5. Ge- 
meindeumlagen. Die genannten Einkünfte sind in der angegebenen Reihenfolge zur Be- 
streitung der Gemeindeausgaben zu verwenden; nur der aus den Quellen 1—4 nicht gedeckte 
Aufwand darf durch Gemeindeumlagen aufgebracht werden (St O. 188; LGO. 181) 1). 
Hierzu ist im einzelnen folgendes zu bemerken: 
ad 1. Die Erträgnisse des Gemeindevermögens werden regelmäßig 
unmittelbar für die Gemeinde als solche, d. h. also im Interesse der Gesam theit der 
Gemeindemitglieder verwandt. Eine Ausnahme gilt nur bezüglich der Erträgnisse des sog. 
Allmendgutes, welche ausschließlich den Ortsbürgern vorbehalten sind 2). Die 
Ansprüche der Ortsbürger am Genusse des Gemeindevermögens und die Fragen der Ver- 
änderung und der Beschränkung von Nutzungsrechten sind gesetzlich geregelt; die einschlägigen 
Streitigkeiten sind im Verwaltungsstreitverfahren zu entscheiden. Die Entziehung von Nutzungs- 
rechten ist insofern möglich, als ein einem Ortsbürger überlassenes Grundstück (Allmendlos) 
dem Berechtigten zum Zwecke der Verwendung als Bauplatz, zur Eisenbahn= oder öffentlichen 
Wegeherstellung und zur Anlage oder Erweiterung einer Reichs-, Staats= oder Kommunal- 
anstalt gegen eine nötigenfalls im Rechtswege festzustellende Entschädigung trotz etwaigen 
Widerspruchs entzogen werden kann. Die gänzliche Ablösung des Ortsbürgernmutzens ist nach 
Maßgabe der zu erlassenden besonderen gesetzlichen Bestimmungen zulässig (St O. 31—34; 
LGO. desgl.). 
Gewerbliche, d. h. auf Gewinn gerichtete Unternehmungen 
der Gemeinde, wie z. B. Gasanstalten und Elektrizitätswerke, sind grundsätzlich so zu verwalten, 
daß durch die Einnahmen mindestens die gesamten durch die Unternehmung der Gemeinde 
erwachsenden Ausgaben, einschließlich der Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals, auf- 
gebracht werden. Eine Ausnahme ist zulässig, sofern die Unternehmung zugleich einem öffent- 
lichen Interesse dient, welches andernfalls nicht befriedigt wird, wie z. B. ein Wasserwerkt, 
ein Volksbad oder ein Schlachthaus 3) (St O. 189, LGO. 182). 
ad 2. a) Besondere Ausschläge. Die Kosten für Herstellung und Unterhaltung 
von Veranstaltungen, die durch das öffentliche Interesse erfordert werden, können nach einem 
gesetzlich näher geregelten Verfahren mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde auf diejenigen 
Einwohner, Besitzer oder Klassen von solchen, und auf diejenigen Besitzer oder Einwohner 
abgegrenzter Teile der Gemarkung, welchen hierdurch besondere wirtschaftliche Vorteile ver- 
schafft oder bestimmte Nachteile erspart werden, ganz oder teilweise ausgeschlagen werden. 
Die Ausschläge können in einmaligen oder wiederkehrenden Leistungen bestehen und sind nach 
der Größe des Nutzens zu bemessen. Alle einschlägigen Streitigkeiten sind im Verwaltungs- 
streitverfahren zu entscheiden (St O. 190—192; LGO. 183—185). 
b) Gebühren. Durch Gemeindevertretungsbeschluß kann bestimmt werden, daß 
von den Beteiligten für die Benutzung von Veranstaltungen, welche von der Gemeinde im 
öffentlichen Interesse unterhalten oder betrieben werden, sowie für die von der Gemeinde 
dem einzelnen im öffentlichen Interesse zur Verfügung gestellten Dienstleistungen Ge- 
bühren zu erheben sind, soweit die Kosten jener Veranstaltungen nicht durch Ausschläge 
gedeckt werden #). Die Gebühren sind nach im voraus bestimmten Normen und Sätzen fest- 
1) Die Art. 188—201 StO. entsprechen den Art. 181—194 LGO. mit der bedeutsamen 
Abweichung, daß den Landgemeinden keine allgemeine Ermächtigung zur Einführung indirekter 
Steuern gewährt wurde. Vgl. St O. 188, LGO. 181. 
2) Siehe hierüber oben § 52. 
3) Wie auch schon die Motive hervorheben, dienen die gemeindlichen Unternehmungen 
vielfach gleichzeitig gewerblichen Zwecken und öffentlichen Interessen. Vgl. Best, StO., zu 189. 
4) Vgl. hierzu die wichtigen Mitteilungen aus den Motiven Best, St., S. 89 ff.
	        
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