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4. Die vorgenannten ärztlichen, veterinärärztlichen und pharma—
zeutischen Vereine sind frei organisierte, aus den ihnen efreiwillig beitretenden im
Bezirke wohnhaften Arzten gebildete Berufsvereine, welche vom Staate namentlich mit der
Wahl der Abgeordneten zu den vorerwähnten Zentralausschüssen und mit der Erstattung
von Gutachten betraut sind 1).
5. Eine eigenartige Rechtsstellung besitzt die im Jahre 1909 ins Leben getretene „Groß-
herzogliche Zentrale für Mutter- und Säuglingsfürsorge“ in
Darmstadt, deren Gründung durch einen an den Präsidenten des Ministeriums des Innern
gerichteten Allerhöchsten Erlaß des Großherzogs vom 4. Dezember 1906 angeregt wurde?).
Die genannte Zentrale, deren Mitgliedschaft von Einzelpersonen, Vereinen und Körperschaften
gegen Leistung eines regelmäßigen Jahresbeitrags erworben werden kann, ist keine Staats-
anstalt. Sie steht jedoch unter dem Protektorate des Großherzogs und der Großherzogin und
besitzt auf Grund ihrer von der Mitgliederversammlung angenommenen und vom Großherzog
genehmigten Satzung vom 15. Mai 1909 einen „Vorstand“, dem statutengemäß der
Minister des Innern, ein von den Protektoren berufenes Mitglied, vier von dem
„Ausschuß“ gewählte ehrenamtlich tätige Mitglieder und zwei auf Vorschlag des Ausschusses
vom Großherzog ernannte Direktoren (Verwaltungsdirektor und ärztlicher Direktor)
angehören. Die beiden letzteren können im Hauptamt mit den Rechten von etatsmäßigen
Staatsbeamten angestellt werden. Der „Ausschuß “ besteht aus 15 Mitgliedern einschließlich
der Vorstandsmitglieder, die „Hauptversammlung“ aus der Gesamtheit aller Mit-
glieder. Die im Anschluß an die Großherzogliche Zentrale von deren Protektoren geschaffene
Einrichtung des „Patronats“ und der „Helferinnen des Patronats“ besitzt eine besondere
Organisation für sich.
Die Großherzogliche Zentrale f. M. u. S. hat die Aufgabe, im ganzen Land alle die
Maßregeln durchzuführen, die für eine geordnete Mutter- und Säuglingsfürsorge notwendig
sind; ihre Tätigkeit kann jedoch statutengemäß auch auf weitere Gebiete der Volkswohlfahrt
erstreckt werden. Als Hilfsmittel der Mutter= und Säuglingsfürsorge dienen in erster Linie
die von der Zentrale eingerichteten, mit weiblichen Hilfskräften ausgestatteten ärztlichen
Beratungsstellen; ärztlich beaufsichtigte Krippen, Stillkrippen, Still-
räume und Milchküchen; Säuglingspflege-- und Säuglingskranken-
anstalten, namentlich die im Jahre 1911 errichtete Universitätskinderklinik;
Fürsorge für Schwangere und Wöchnerinnen durch Anstellung von Hauspflegerinnen
und Gründung von Wöchnerinnen- und Mütterheimens; endlich die systematisch
geordnete Tätigkeit der Zweigstellen der Zentrale, von denen sich regelmäßig mindestens
eine in jedem Kreise befindet. Sie regeln die gesamte Mutter= und Säuglingsfürsorge
ihres Bezirkes selbständig und im Anschluß an die Zentrale und wirken namentlich auch
in Gemeinschaft mit den Ärzten, den Ärztevereinen und Hebammen, mit den örtlichen
Pflege= und sonstigen Wohlfahrtseinrichtungen, mit der gesetzlichen Vormundschaft, mit
Geistlichkeit, Arbeiterschaft und Armenpflege und mit der Tuberkulose-, Krüppel= und
Wohnungsfürsorge.
Zur Bestreitung der laufenden Ausgaben der Zentrale dienen neben den Einnahmen
aus eigenen Unternehmen der Zentrale die Mitgliederbeiträge, die der Zentrale zur Ver-
fügung gestellten Zinsen der Ernst-Ludwig= und Eleonoren-Stiftung, einmalige Schenkungen
und endlich ständige Zuschüsse des Staates oder anderer Körperschaften, die nicht Mitglieder
der Zentrale werden wollen.
II. Die Ausübung der Heilkunde ist auf der Grundlage der Gewerbefreiheit
in der Hauptsache reichsrechtlich geregelt; auf landesrechtlicher Regelung beruhen namentlich
die Bestimmungen über die Vorbereitung für den Staatsdienst im Medizinal-
1) Org# O. v. 28. XII. 1879 §§ 14—17.
2) Siehe Geschäftsbericht der Großh. Zentrale 1909/10 und die von ihr im Jahre 1911
— „Richtlinien“, sowie E. Pistor in der Zeitschrift für Säuglingsschutz 1911
S. 129 ff.