Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XIX. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (19)

89 Die Ausländer einschließlich der Exterritorialen. 13 
  
Die Vorlage der unter a) und ) genannten Zeugnisse ist nicht erforderlich, wenn der 
Ausländer dem Standesbeamten eine Verfügung des Ministeriums der Justiz übergibt, nach 
welcher von der Beibringung dieser Zeugnisse abgesehen werden kann #). 
7) Neben der Erfüllung der unter a) und 98) genannten Voraussetzungen ist bei der Ehe- 
schließung von Ausländern häufig auch noch die Beibringung des in § 47 des Reichs-Personen-- 
standsgesetzes geforderten Nachweises erforderlich; jedoch handelt es sich hierbei nicht um eine 
Sonderworschrift für Ausländer. 
b) In bezug auf den Erwerb von Grundstücken): Ausländer bedürfen zum 
Erwerbe von Grundstücken insoweit der staatlichen Genehmigung, als nicht die Gegenseitig- 
keit verbürgt ist. Die Genehmigung steht dem Ministerium der Justiz zu: sie erfolgt stets 
unbeschadet der Rechte Dritter. 
2. In öffentlichrechtlicher Beziehung, d. h. in bezug auf das Verhältnis 
zwischen Individuum und Staats), sind die Ausländer nach hessischem Recht, ähnlich wie nach 
Reichsrecht, wesentlich ungünstiger gestellt als die Inländer. An dem Genusse der sogenannten 
staatsbürgerlichen oder politischen Rechte haben die Ausländer grundsätzlich keinen Teil. Ins- 
besondere konnte gemäß HV. Art. 14, in Zusammenhalt mit den Bestimmungen des Land- 
tagswahlgesetzes von 1872, bisher ein Ausländer — auch wenn er neben seiner 
ausländischen Staatsangehörigkeit zugleich diehessische Staats- 
angehörigkeitbesaß") — wegen der Unfähigkeit zum Erwerb des hessischen „Staats- 
bürgerrechts“ (in dem speziellen hessisch-rechtlichen Sinne) niemals zum hessischen Landtag 
wählen oder in denselben eintreten. Diese Benachteiligung der Ausländer ist durch das Gesetz, 
die Landstände betreffend, vom 3. Juni 1911 (RBl. S. 87) insoweit beseitigt worden, als der 
gleichzeitige Besitz einer ausländischen Staatsangehörigkeit einen hessischen Staatsangehörigen 
nunmehr weder in der aktiven Wahlfähigkeit noch in der Fähigkeit zum Eintritt in die I. oder 
II. Kammer behindert. 
Entsprechend ihren geringeren politischen Rechten haben die Staatsfremden im Ver- 
gleich mit den Staatsangehörigen selbstverständlich auch geringere staatsbürgerliche Pflichten; 
vor allem begegnen sich hier Reichsrecht und Landesrecht in dem Grundsatze, daß der Aus- 
länder in der Regel nicht zur Leistung öffentlichrechtlicher Dienste gegenüber dem Staate 
herangezogen werden darf; es müßte denn sein, daß er neben einer ausländischen Staats- 
angehörigkeit zugleich eine inländische Staatsangehörigkeit besitzt. Der Besteuerung sind 
die Ausländer im allgemeinen in gleicher Weise unterworfen wie die Inländer 5). 
II. Eine eigenartige Rechtsstellung nehmen innerhalb der Gruppe der Staatsfremden 
die sogenannten Exterritorialen ein, deren Rechtsverhältnisse teils durch Reichsrecht, 
teils durch Landesrecht eine auf allgemeinen völkerrechtlichen Grundsätzen und auf speziellen 
Staatsverträgen mit einzelnen bestimmten Staaten beruhende, besondere Regelung erfahren 
haben o). Die zugunsten der Exteritorialen bestehenden Vergünstigungen beziehen sich nament- 
1) Die Ehe eines Russen oder Griechen, der der orthodoxen griechisch-katholischen Kirche 
angehört, kann nach dem Rechte der betreffenden Staaten nur im Wege der Trauung durch 
einen Geistlichen jener Kirche geschlossen werden. Da die genannten Ausländer die erforderlichen 
Zeugnisse in der Regel nicht zu beschaffen vermögen, so ist ihnen eine standesamtliche Eheschließung 
Sche nur auf Grund einer Verfügung des Ministeriums der Justiz möglich (s. RBl. 1899. 
1133) 
2) Siehe EG. z. BGB. Art. 88, hess. AG. z. BGB. Art. 15. 
3) Vgl. hierüber Rehm, Allgemcine Staatslehre (Hdb. d. öff. Rechts, Einleitungs- 
band) 1899, S. 240. 
4) Eine einzige Ausnahme galt zugunsten der hessischen Standesherren, vgl. unten # 12. 
5) Bgl. besonders G., die allg. Einkommensteuer betreffend, vom 12. August 1899 (RBl. 
- 4 is. 1 Ziff. 3, Art. 4; G., die Vermögenssteuer betreffend, vom gl. Tage (RBl. S. 499) 
rt. 3 Ziff. 3. 
6) Bezüglich des Begriffs der Exterritorialität usw. s. v. UlUlmann, Bölkerrecht, 1908, 
Bd. III S. 182 ff. dieses Handbuchs.
	        
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