248 Die wirtschaftliche Berwaltung. 5 96
Baufluchtlinien hat nach Maßgabe des öffentlichen Bedürfnisses durch den Bürgermeister
und die Gemeindevertretung zu erfolgen. Sie kann je nach Bedürfnis entweder in umfassen-
deren Ortsbauplänen für ganze Orte oder Ortsteile oder nur für einzelne Straßen oder
Straßenteile stattfinden. Der Planausstellung hat regelmäßig eine mehrwöchentliche Offen-
legung des Planes zu 4 folgen, innerhalb deren etwaige Einwendungen bei der Bürgermeisterei
anzubringen sind. Uber die erhobenen Einwendungen hat, soweit diese nicht schon nach vor-
gängiger Verhandlung mit den Beteiligten durch Beschluß des Bürgermeisters und der Ge-
meindevertretung erledigt wurden, die zur Plangenehmigung zuständige Behörde zu ent-
scheiden. Das ist, falls es sich um Ortsbaupläne für ganze Orte, Ortsteile oder ganze Orts-
straßen handelt, das Ministerium des Innern nach Anhörung des Kreisausschusses; falls es
sich nur um die Festsetzung von Fluchtlinien für einzelne Straßenteile handelt, das Kreisamt.
Nach erfolgter Genehmigung ist der Plan vom Bürgermeister ohne Verzug festzustellen und
neuerdings unter entsprechender öffentlicher Bekanntmachung offenzulegen. Die den Orts-
bauplan ergänzenden statutarischen Bestimmungen sind als Bestandteile bzw. Nachträge des
Ortsbauplans zu betrachten und daher i in bezug auf Aufstellung, Offenlegung und Feststellung
nach den gleichen Grundsätzen wie jener zu behandeln 1).
Die Straßenfluchtlinien bilden in der Regel zugleich die Baufluchtlinien, d. h. die Grenzen
bis zu welchen die an der Straße aufzuführenden Bauten vorgerückt werden dürfen und
müssen2). Aus besonderen Gründen 3) können behufs Anlage von Vorgärten von der Straßen-
fluchtlinie abweichende Baufluchtlinien festgesetzt werden. Bei Festsetzung der Fluchtlinien
ist namentlich auf die Bedürfnisse des Verkehrs, der Feuersicherheit und der öffentlichen Ge-
sundheit Rücksicht zu nehmen; demgemäß ist vor allem für entsprechende Straßenbreite (in
Städten regelmäßig mindestens 12,5, auf dem Lande 10 Meter einschließlich Bürgersteig),
Entwässerung der Straßen und gute Verbindung der neuen Bauanlagen mit den bereits be-
stehenden Sorge zu tragen.
Die vom Tage der öffentlichen Bekanntmachung des Bebauungsplanes an gerechnete
endgültige Festsetzung der Fluchtlinien hat namentlich in zwei Richtungen Rechtsfolgen von
großer Wichtigkeit:
1. Von dem genannten Zeitpunkte an kann dem Grundeigentümer die Erlaubnis zu
Neubauten über die festgesetzte Baufluchtlinie hinaus, oder zu solchen Um- und Ausbauten,
welche einer Erneuerung daselbst bestehender Gebäude gleichkommen, versagt werden.
2. Gleichzeitig erhält die Gemeinde das Recht, die durch die festgesetzten Straßenflucht-
linien für Straßen und Plätze bestimmte Grundfläche dem Eigentümer gegen volle Entschädi-
gung zu entziehen, und zwar, vorbehaltlich einzelner Sonderbestimmungen, jederzeit auf
einmal oder stückweise. Die behördliche Fluchtliniengenehmigung wirkt also insofern zugleich
als Verleihung des Enteignungsrechts an die Gemeinde 0.
Die Leistung der Entschädigung bestimmt sich zunächst nach Maßgabe des Gesetzes, die
Enteignung von Grundeigentum betreffend, vom 26. Juli 1884 i. d. F. v. 30. IX. 1899
(RBl. S. 735). Zur Entscheidung über die Ansprüche der Grundeigentümer sind, anders als
in dem normalen Verfahren des Enteignungsgesetzes, die Gerichte zuständig (B. Art. 16
Abs. 2). Für die Bemessung der Entschädigung ist namentlich die Unterscheidung von „un-
bebautem“, „bebautem“ und „bebaubarem“ Gelände von Wichtigkeit. A#
„bebaubares“ Gelände bezeichnet man solches noch unbebaute Gelände, welches an
einer bereits bestehenden, bzw. in den Ortsbauplan ausgenommenen und auch schon teilweise
mit Häusern besetzten Straße gelegen ist, welches also auch bisher schon zur Bebauung geeignet
war 5). „Unbebautes“, an keiner bestehenden Straße gelegenes Ge-
lände, welches nach dem Bauplane zur Herstellung neu anzulegender Straßen oder Plätze
erforderiich ist, kann nicht zu dem Werte, welchen es als Bauplatz haben würde, sondern nur
9 BO. Art. 8, AV. 87
2) Vgl. hierüber BO. Art. 30, AV. F 49.
3) Zum Beispiel im Linblich cul die Notwendigkeit einer späteren Straßenverbreiterung.
4) BO. Art. 11; Sfasfe
5) Siehe Pfaff I S. 37; 95. Art. 16 Ziff. 2.