Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XIX. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (19)

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als sie selbst gegenüber der Landeskreditkasse zu erfüllen hat (Art. 6). 2. Die Gewährung 
billiger Baudarlehen an Bauvereine unmittelbar aus der Landes- 
kreditkasse. Ein solches Darlehen darf zwei Drittel, bei Bürgschaft der Gemeinde neun Zehntel 
des unter Ziff. 1 erwähnten Betrages nicht überschreiten (Art. 7a). 3. Die Gewährung 
des Enteignungsrechtsan Gemeinden bzw. Bauvereine für folgende Fälle: a) Wenn 
die mietweise Benutzung der Mehrzahl der Wohnräume eines Hauses auf Grund des Wohnungs- 
aufsichtsgesetzes wegen Gesundheitsschädlichkeit polizeilich untersagt und die Ausweisung der 
Mieter bewirkt wurde, und wenn der Eigentümer alsdann den ihm gemachten baulichen Auf- 
lagen (Umbau oder Niederlegung des Hauses binnen bestimmter Frist) nicht entspricht, so 
ist die Gemeinde zur Enteignung des Hauses nebst zugehörigem Gelände zwecks Herstellung 
von Wohnungen für Minderbemittelte befugt. b) Erscheint die Zweckbestimmung des mit 
einem Darlehen der oben geschilderten Art hergestellten Gebäudes nebst zugehörigem Gelände 
gefährdet, so ist die Gemeinde bzw. der Bauverein — abgesehen von dem Rechte sofortiger 
Kündigung des Darlehens — berechtigt, das Gebäude zu dem durch seinen Zweck bestimmten 
Werte nach Maßgabe des Enteignungsgesetzes zu erwerben (Art. 7 und 7a). 4. Zur Durch- 
führung der Zwecke der Wohnungsgesetzgebung wurde eine dem Ministerium des Innern 
unterstehende Landeswohnungsinspektion geschaffen (VO. v. 24. II. 1908), 
welche „im Zusammenwirken mit den staatlichen und kommunalen Behörden die Wohnungs- 
verhältnisse der minderbemittelten Volksklassen in gesundheitlicher und sittlicher Hinsicht fest- 
zustellen und in Gemeinschaft mit dem hessischen Zentralverein für Errichtung billiger Woh- 
nungen, sowie mit den gemeinnützigen Bauvereinen des Landes auf Beseitigung der sich er- 
gebenden Mißstände hinzuwirken“ hat (Art. 12). 5. Eine erhebliche mittelbare Förderung 
kann die öffentliche Wohnungsfürsorge 1) endlich durch die Bildung von Zweckverbänden 
(Gemeindeverbänden) für gemeinnützige Bauzwecke nach Maßgabe der Landgemeindeordnung 
(Art. 195—205) erfahren 2). 
III. Die Organisation der Wohnungsaufsicht und Wohnungs- 
fürsorges). An der Spitze der Organisation steht die vorgenannte Landeswohnungs- 
inspektion, die gleichzeitig mit der staatlichen Aufsicht und mit exekutiven Maßnahmen im 
engeren Sinne betraut ist. Die eigentlichen Träger der Wohnungsaussicht sind die zu diesem 
Zwecke von den Gemeinden aufzustellenden gemeindlichen Wohnungsinspek- 
toren. Als solche fungieren teils besondere Beamte im Hauptamt (zumeist sog. „mittlere 
Techniker"), teils sonstige Gemeindebeamte oder anderweitige hierzu geeignete Persönlichkeiten 
(Stadtbaumeister, Gemeinde= oder Privattechniker, Bauhandwerker, Krankenkassenbeamte, 
Gemeinderatsmitglieder, Lehrer, Arzte u. a., dagegen nur ausnahmsweise Polizeibeamte); 
in Mainz besteht ein besonderes Wohnungsamt. Eine wichtige Unterstützung der Wohnungs- 
aussicht i. w. S. bildet die gutachtliche und kontrollierende Tätigkeit der sta atlichen Ge- 
sundheitsbeamten (Kreisärzte). 
z 98. Eisenbahnwesen). Die rechtliche Ordnung und die Verwaltung des Eisen- 
bahnwesens ist vorbehaltlich der gemäß Art. 4 Ziff. 8 und Art. 41—45 der Reichsverfassung 
dem Deutschen Reiche zustehenden Befugnisse grundsätzlich Sache des Einzelstaats. Hessen 
)r Auf die in Hessen besonders reich entwickelte private Wohnungsfürsorge kann hier leider 
nicht eingegangen werden. Bgl. hierüber namentlich die Jahresberichte des Ernst-Ludwig- 
Vereins und Siegert a. a. O. 
2) Ein solcher Verband (mit einer eigenen Wohnungsinspektion) besteht z. B. für die Land- 
wemeinden des Kreises Worms, s. RBl. 1912 S. 477. — Bezüglich der Zweckverbände überhaupt 
oben & 56. 
3) Vgl. hierzu Gretzschel, Wesen und Aufgabe der Wohnungsaufsicht, Ztschr. f. Woh- 
nungswesen, Jahrg. VII 5.. 14 u. 15 (1909), wo namentlich die vorbildliche Organisation Hessens 
eingehend geschildert ist. 
4) Am 1. April 1910 betrug die Betriebslänge der im Eigentum des hessischen Staats stehen- 
den Hauptbahnen 789,2 km, die seiner Nebenbahnen 460,8 km. Die nicht im Staatseigentum 
stehenden Staatseisenbahnen (Haupt- und Nebenbahnen) hatten eine Betriebslänge von 167,3 km, 
die Privatbahnen (Nebenbahnen im Privateigentum und Privatbetrieb) eine solche von 241 4 km. 
Von der gesamten Betriebslänge des hessischen Staatseisenbahnbesitzes mit 1250 km ent-
	        
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