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sonstigen nötigen gemeinnützigen Anstalten, endlich in der Darlehensgewährung an Gemeinden
zur Förderung des Wohnungsbaues für Minderbemittelte 1). Die früher gestattete Darlehens-
gewährung an Private für Nichtmeliorationszwecke ist, da diesem Zwecke nunmehr durch die
Landeshypothekenbank genügt wird, nach dem neuen Gesetz von 1902 ausgeschlossen 2).
Die Darlehensempfänger haben, soweit sie nicht öffentlich-rechtliche Korporationen sind,
hypothekarische Sicherheit zu leisten; die Beleihungsgrenze beträgt 600% des Schätzungswerts
des Unterpfands. Der Zinsfuß bestimmt sich nach dem effektiven Zins der 311 prozentigen
hessischen Staatsschuldverschreibungen unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Begebungs-
kosten und zuzüglich ½10 00 2).
3. Finanzierung. Während die Landeskreditkasse ihre Mittel früher durch Aus-
gabe von Staatsschuldverschreibungen gewonnen hatte, bestehen ihre Mittel seit 1902 a) aus
den Kapitalsrückzahlungen, b) aus einer festen Staatsdotation von 4 Millionen Mk., c) aus
wechselnden, erforderlichenfalls im Staatsvoranschlag vorzusehenden staatlichen Beiträgen.
IV. Die im Jahre 1855 als Zettelbank errichtete Bank für Süddeutschland in
Darmstadt hat am 21. April 1902 auf das Recht zur Ausgabe von Banknoten verzichtet, und
die Noten jener Bank haben nach dem 31. Dezember 1902 aufgehört, Zahlungsmittel zu sein?.
#§s 102. Landwirtschaft ). I. Organisation. Die Erfüllung der staatlichen
Verwaltungsaufgaben auf dem Gebiete der Landwirtschaft obliegt in erster Linie den Be-
hörden der allgemeinen Landesverwaltung. An der Spitze der landwirt-
schaftlichen Verwaltung steht das Ministerium des Innein, bzw. dessen Abteilung für
1) Siehe oben # 97; Ges. v. 7. VIII. 1902 i. d. F. v. 1. VII. 1908, RBl. S. 157.
2) Vgll. Troeltsch S. 220.
3) Vgl. Troeltsch S. 222.
4) Siehe RBl. 1856 S. 29; Bek. d. Reichskanzlers v. ö. VI. 1902 Röcl. S. 226.
5) Von der Gesamtfläche Hessens mit 769 793 ha entfielen im Jahre 1907 574 295 ha auf
landwirtschaftlich benutzte Flächen; davon treffen auf Starkenburg 214 594, auf Oberhessen
243 795, auf Rheinhessen 115 906 ha. Die Zahl der in der Landwirtschaft erwerbstätigen Per-
sonen betrug damals bei einer Gesamtbevölkerung von 1 235 823 Seelen 411 536 Personen
männlichen und 147778 Personen weiblichen Geschlechts, im ganzen also 559 334 Personen.
Die Zahl der sich mit Landwirtschaft befassenden Haushaltungen war 130 000, wovon 79 000
auf Larzellenbetriebe mit weniger als 2 ha, 59 000 auf solche mit weniger als 1 ha Fläche ent-
fielen. Kleinbäuerliche Betriebe mit 2—5 ha wurden 28 000, mittlere Betriebe mit 5—20 ha
wurden etwa 24 000 gezählt. (Die vorstehenden Angaben wurden teils den unten genannten
Werken der Zentralstelle für Landesstatistik, teils dem Hess. Bürgerbuch (S. 155) entnommen.) —
Aus der neueren wissenschaftlichen Literatur über die landwirtschaftlichen Verhältnisse Hessens
sind, abgesehen von den unten zitierten Quellen, namentlich hervorzuheben: Statistische
Handbuch f. d. Gr. H., 2. Ausg. 1909, S. 35—51 (Anbauflächen und Ernteerträge; Obst-
und Weinbau; VBiehstand; Hagelstatistik; Feldgüter (Kameraldomänen) des großh. Hauses und
des Staates); Anhang S. 1 (Berufsstatistik), S. 19—22 (landwirtschaftliche Betriebsstatistik nach
der Zählung vom 12. VI. 1907). — Mitteilungen der Großh. Hess. Zentral-
stelle f. d. Landesstatistik, namentlich Jahrgang 1911 (B. 40) Nr. 906 (Weinbau und
Weinernte), 907 (Bodenbenutzung und Anbaufläche im oberen Odenwald; Anbaufläche und
Ernteerträge); 908 (Viehstand im oberen Vogelsberg und oberen Odenwald); 912 (Landwirt-
schaftliche Winterschulen und Fachschulen f. Wein= und Obstbau); 913 (Milchversorgung der
Städte Mainz, Darmstadt, Worms und Gießen); 915 (Obsternte); 916 (Branntweinbrenneret
und Sbesteuerung); 919 (Getreideernte, Ernteerträge); 920 (Genossenschaftsstaristit; Tabakbau
und Sbesteuerung, Rübenzuckergewinnung und besteuerung). — Burg, Beiträge zur Kenntnis
des landwirtschaftlichen Betriebes im Vogelsberg usw., Gießener Diss. 1906. — May, Die
Landwirtschaft der Wetterau usw., Gieß. Diss. 1903. — Kleberger, Wilh., Die Entwicklung
des landwirtschaftlichen Betriebes unter dem Einfluß der Feldbereinigung (untersucht in giiiet
Orten des Kreises Friedberg), Gießen HabSchr. 1906. — Muckenhirn, Kulturtechnische
Untersuchungen über die Erfolge einer Förderung der Wasserwirtschaft und Bodenkultur im
Kreise Büdingen, Gieß. Diss. 1906. — Thomas, Ad., Beiträge zur Geschichte der Bauern-
befreiung und der Entlastung des ländlichen Grundbesitzes im Großherzogtum Hessen, Gießener
Diss., Mainz 1910.— Schmidt, A. B., Wörterbuch des deutschen Staats- und Verwaltungs-
rechts, begr. v. Frhr. v. Stengel, 2. Aufl. hrsg. v. Max Fleischmann, Artikel: Ab-
lösung der Reallasten (Hessen) 1 S. 49—.50; Agrargesetzgebung (Hessen) I S. 86—89; Feldbe=
reinigung I! S. 760 762; Gemeinheitsteilung II S. 177.—178. Hess. Bürgerbuch S. 155
is 171.