264 Die wirtschaftliche Berwaltung. g 102
zu berichten und ihr auf Verlangen jederzeit Gutachten über Gegenstände der landwirtschaft-
lichen Gesetzgebung und Verwaltung usw. zu erstatten. Die Aufsicht über die Landwirtschafts-
kammer führt das Ministerium des Innern.
2. Die LK. besteht aus 45 Mitgliedern, von welchen in jeder Provinz je 15 nach einem
indirekten, auf einer Vertrauensmännerwahl beruhenden Wahlmodus durch die Verbands-
angehörigen aus deren eigener Mitte zu wählen sind. Sie kann außerdem noch bis zu 9 Ver-
treter landwirtschaftlicher Fachvereine und Verbände Hessens sowie in H. wohnhafte Sach-
verständige zu außerordentlichen Mitgliedern mit beratender Stimme wählen. Dieinneren
Organe der LK. sind der Vorsitzende und dessen zwei Stellvertreter sowie
die im Bedürfnisfalle zu bildenden Kommissionen; alsäußere Organee fungieren:
a) die Ausschüsse für die Provinzen; b) die Bezirksausschüsse;c) Ver-
trauensmänner. Die ersteren bestehen je aus den 15 Provinzialmitgliedern der LK.
und aus je 2 von den zuständigen Vertrauensmännern in den einzelnen Wahlbezirken gewählten
weiteren Mitgliedern mit der Möglichkeit der Beiziehung von 1 bis 3 Vertretern landwirt-
schaftlicher Fach- und Berufsvereine der Provinz als beratenden Mitgliedern; den Ausschüssen
für die Provinzen obliegt insbesondere die Erfüllung der besonderen provinziellen
landwirtschaftlich-technischen Aufgaben. Die landwirtschaftlichen Bezirksausschüsse bestehen
aus den in den 15 Wahlbezirken jeder Provinz gewählten Vertrauensmännern sowie aus den
Vertretern der im Bezirke befindlichen Unterrichtsanstalten als beratenden Mitgliedern. Die
Tätigkeit der vorgenannten Organe geschieht ehrenamtlich; für die Tätigkeit außerhalb des
Wohnsitzes ist jedoch durch die autonome Satzung der LK. eine den baren Auslagen ent-
sprechende Vergütung festzusetzen. Die LK. ist auch befugt, aigene Beamtemit Gehalts-
und Pensionsanspruch usw. anzustellen.
. 3. Die Kosten der LK. werden auf Grund eines von der LK. aufzustellenden und
vom M. d. J. zu genehmigenden alljährlichen Voranschlags zunächst aus Staatszuschüssen
und sonstigen eigenen Einnahmen bestritten und im übrigen durch Umlagen auf die Ver-
bandsangehörigen aufgebracht. Die Umlage darf 20 Pf. auf 1000 Mk. des der Umlage unter-
liegenden Vermögens nicht übersteigen.
4. Die Staatsaufsicht über die LK. führt das M. d. J.; zu den Sitzungen der
LK., der Provinz= und der Bezirksausschüsse ist das M. d. J. zu laden; seine Vertreter müssen
in den Sitzungen jederzeit gehört werden.
Die LPK. ist jährlich mindestens einmal, auf Verlangen von mindestens einem Viertel
der ordentlichen Mitglieder auch häufiger, zusammenzuberufen. Sie kann durch landesherrliche
Verordnung aufgelöst werden; in diesem Falle sind jedoch innerhalb von sechs Monaten Neu-
wahlen vorzunehmen, worauf das M. d. J. die neugewählte LK. alsbald einzuberufen hat.
III. Die staatliche Fürsorge für die Landwirtschaft erstreckt sich insbesondere
auf folgende Gebiete:
1. Landwirtschaftlicher Bodenkredit. Ihm dienen insbesondere die
durch Gesetz vom 12. Juli 1902 geschaffene hessische Landeshypothekenbank und
die seit 1890 bestehende, durch Gesetz vom 6. August 1902 reformierte Landeskredit-
kasse,. bezüglich deren des näheren auf § 101, Absatz II und III verwiesen wird ?).
2. Feldbereinigung.:). Sie bezweckt nach dem Gesetze vom 28. Sept. 1887,
i. d. F. vom 4. Juli 1906 (NBl. S. 232 ff.) 2) die Förderung der Landeskultur durch folgende
1) Vgl. hierher: Braun, Die wirtschaftspolitische Gesetzgebg, des Großh. H. im Jahre
1902, Darmstadt 1902; Biermer, Das Problem der ländlichen Grundentschuldung und die
Organisation des Realkredits (in seiner Sammlung nationalökonom. Aufsätze u. Vorträge I, 1,
Gießen 1905); Troeltsch, Die hessische wirtschaftspolitische Gesetzgebung im Jahre 1902
und ihre bisherigen Erfolge (in Schmollers Jahrb. f. Gesetzgebg. usw. XXIX 3 S. 201—233),
Leipzig März 1905.
2) Siehe hierüber namentlich die anschaulichen Ausführungen im Hess. Bürgerbuch
S. 163—166.
3) Siehe auch die vom Justizministerium im Einvernehmen mit den Ministerien des Innern
und der Finanzen erlassenen „Anordnungen, die Ausführung der Artikel 38—47 des Feld-
bereinigungsgesetzes betreffend, vom 10. X. 1908, RBl. S. 285.