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Maßfnahmen: Anlage von öffentlichen Feldwegen; Zusammenlegung zerstreut liegender Grund-
stücke der einzelnen Eigentümer; Herstellung sachdienlicher Kultur= und Gemarkungsgrenzen,
Wasserlauf- und gemeinschaftlicher Be- und Entwässerungsanlagen; Bildung von Grund
stüchen für öffentliche Zwecke (z. B. für Kiesgewinnung); endlich Ausführung weiterer ge-
eigneter Boden- und Kulturveränderungen.
Die Feldbereinigung kann nur erfolgen, wenn entweder alle beteiligten Grundeigen-
tümer einverstanden sind, oder wenn die Eigentümer von mehr als der Hälfte des Gesamt-
flächengehaltes des Bereinigungsbezirks dieselbe beschlossen und nicht bei der Einleitungs-
tagfahrt eine Mehrheit von mindestens vier Fünfteln der beteiligten Grundeigentümer gegen
sich haben 1).
Der Bereinigungsbezirk soll in der Regel eine Gemarkung umfassen, kann aber auch
aus mehreren Gemarkungen oder aus Teilen solcher bestehen, falls diese eine wirtschaftlich
zusammenhängende Fläche bilden. Friedhöfe sowie Grundstücke, auf welchen sich Denkmäler
oder Familiengräber befinden, oder welche einen besonders hohen wirtschaftlichen Wert besitzen
(z. B. Haus- und Obstgärten, Weinberge, Bauplätze, Grundstücke mit Mineral= oder sonstigen
dem Gebrauch dienenden Quellen, abbaufähige Grundstücke usw.) sind im allgemeinen dem
zwangsweisen Beizug nicht unterworfen. Ausnahmen sind, unter voller Entschädigung des
Grundeigentümers, möglich, sofern das Unternehmen sonst nicht zweckmäßig durchgeführt
werden kann.
Als Feldbereinigungsbehörden fungieren das Ministerium des
Innern, welchem „die oberste Leitung der Feldbereinigungsangelegenheiten“ und die
beschlußmäßige Entscheidung in den ihm ausdrücklich zugewiesenen Fällen zusteht, ferner die
aus einem Vorsitzenden, drei ständigen und drei nicht ständigen Mitgliedern bestehende
Landeskommission in Feldbereinigungssachen (vgl. Art. 13 und oben
unter 1), welcher „die obere Leitung“ obliegt, endlich die für jeden einzelnen Feldbereinigungs-
fall zu bildende, mit der Ausführung der Feldbereinigung betraute lokale Vollzugs-
kommission (Art. 12—15). Die Mitglieder der letzteren sind: Ein von der Landes-
kommission ernannter Bereinigungskommissär als Vorsitzender, ein mit dessen Stellvertretung
betrauter, von der gleichen Stelle bestellter unbeteiligter Sachverständiger, der Bürgermeister,
zwei weitere von den beteiligten Grundeigentümern gewählte Sachverständige, der Be-
reinigungsgeometer und, bei Meliorationsunternehmungen, der zuständige Bezirks-Kultur-
ingenieur (Art. 15).
Das Feldbereinigungsverfahren im weiteren Sinne zerfällt in zwei Abschnitte, nämlich
in die Einleitung der Feldbereinigung“ und in das eigentliche „Bereini-
gungsverfahren“ im engeren Sinne. Die „Einleitung“ umfaßt die Stellung des Be-
reinigungsantrags, die Abhaltung einer Einleitungstagfahrt zum Zwecke der Abstimmung
der beteiligten Grundeigentümer, die Veröffentlichung des Abstimmungsergebnisses unter
Offenlegung des Abstimmungsprotokolls und die Entgegennahme etwaiger Beschwerden
„(Art. 5—11). Das auf Beschluß der Landeskommission beginnende „Bereinigungsverfahren“
vollzieht sich, nachdem zunächst in einer Versammlung der beteiligten Grundeigentümer, über
die Art der Aufbringung der Bereinigungskosten usw. Beschluß gefaßt worden ist, in folgenden
Hauptabschnitten: a) Aufstellung eines allgemeinen Meliorationsplanes, b) Aufnahme des
Besitzstandes, c) Bestimmung der Ersatzgrundstücke, Ersatzstücke und etwaigen Geldausgleichungen
(Art. 21 ff.), d) Ausführung der gemeinschaftlichen Meliorationsanlagen. Bei den einschlägigen
Arbeiten haben im allgemeinen alle Mitglieder der Vollzugskommission mitzuwirken (Art. 16
bis 18). Zur Wahrung der Interessen der Beteiligten dient insbesondere die abschnittweise
erfolgende Offenlegung der Arbeiten mit anschließender Reklamationstagfahrt (Art. 34).
Gegen alle Beschlüsse der Vollzugskommission findet, insoweit nicht die Zuständigkeit des Schieds-
gerichts begründet ist, Beschwerde an die Landeskommission statt. Das Schiedsgericht
bestebt aus drei Mitgliedern, von welchen je eins von der Versammlung der beteiligten Grund-
1) Die Voraussetzungen zur Einleitung des Verfahrens sind nunmehr wesentlich einfacher
als nach der früheren Gesetzgebung. Bgl. Amtl. Handausgabe des bez. Gesetzes, mit Vorbemerkg.,
Motiven usw. von G. Becker, Darmstadt 1906, S. 6.