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Ist ein Mineral auf seiner natürlichen Ablagerung entdeckt und amtlich nachgewiesen
worden, so muß beim Vorhandensein der gesetzlichen Voraussetzungen 1) auf Grund des an
die Bergbehörde zu richtenden Gesuches, der sog. Mutung, die Verleihung des
Bergwerkseigentums erfolgen 2); dies kann entweder unbedingt oder unter be-
stimmten Bedingungen geschehen. Liegen mehrere Mutungen vor, dann entscheidet vorbehalt-
lich bestimmter Vorrechte des Grundeigentümers und des Finders die Priorität. Der Aus-
fertigung der Verleihungsurkunde geht ein mit Tagfahrt verbundenes kontradiktorisches Ver-
fahren voraus; etwaige hierbei hervorgetretene Hindernisse sind vor der Verleihung durch
Entscheidung der Bergbehörde oder — insoweit der Rechtsweg zugelassen ist — durch Richter-
spruch zu beseitigen (Art. 12 ff.). *
II. Für das Bergwerkseigentum gelten, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, die sich
auf Grundstücke beziehenden Vorschriften des BGB. Der Bergwerkseigentümer hat die aus-
schließliche Befugnis, das in der Verleihungsurkunde benannte Mineral aufzusuchen und zu
gewinnen, sowie alle hierzu erforderlichen Vorrichtungen unter und über Tage zu treffen.
Die Vereinigung mehrerer Bergwerke zu einem einheitlichen Ganzen — Konsolidation — und
ebenso die Feldesteilung und der Feldesaustausch unterliegen der Bestätigung der oberen
Bergbehörde. Beginn und Einstellung eines Bergwerksbetriebs sind der Bergbehörde anzu-
zeigen. Der Betrieb ist nach einem von der Bergbehörde nicht beanstandeten Plane und unter
Beobachtung der bestehenden gesetzlichen Vorschriften zu führen und darf, sofern der Ein-
stellung überwiegende Gründe des öffentlichen Interesses entgegenstehen, nicht eingestellt
werden. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die obere Bergbehörde die Einleitung des
Verfahrens wegen Entziehung des Bergwerkseigentums beschließen und, sofern keine gericht-
liche Klage auf Aufhebung dieses Beschlusses erfolgt oder der Einwand rechtskräftig abgewiesen
ist, die Aufhebung des Bergwerkseigentums aussprechen.
III. Besondere Vorrechte genießen in bergrechtlicher Beziehung die Standes-
herren, deren bestehenden Rechte hinsichtlich des Bergbaues auf eigenem Grund und Boden
von dem Berggesetz unberührt gelassen wurden. Jedoch unterliegt ihr Bergbaubetrieb und die
Geltendmachung der ihnen zufolge des Standesherrengesetzes vom 18. Juli 1858, Art. 32
zustehenden Rechte nach dem Berggesetz einzelnen Beschränkungen. Namentlich gelten für
das Schürfen auf standesherrlichem Grund und Boden lediglich die Vorschriften des Berg-
gesetzes. Nach dem Gesetz von 1858 haben sie ein vorzugsweises Recht der Benutzung der auf
ihrem Boden sich findenden Mineralien und Fossilien; zur Sicherung dieses Rechts dient
das ihnen nach dem Berggesetz zustehende Recht auf vorzugsweise Verleihung des Berg-
werkseigentums in dem durch standesherrliches Grundeigentum begrenzten Grubenfelde. Die
Frist zur Erklärung wegen Ausübung dieses Vorzugsrechts läuft für den Standesherrn von
dem Tage an, an welchem er von der Behörde benachrichtigt worden ist, daß ein Dritter eine
das standesherrliche Grundeigentum berührende Mutung eingelegt habe (Art. 227). —
IV. Als oberste Bergbehörde fungiert das Ministerium des Innern; ihm
untersteht die aus bergtechnischen und juristischen Mitgliedern dieses Ministeriums und des
Finanzministeriums gebildete, unter dem Vorsitze eines Mitgliedes des M. d. J. stehende
obere Bergbehördegs). Der letzteren ist als „Lokalbehörde für das Groß-
herzogtum“ 4) die Bergmeisterei Darmstadt unterstellt.
1) Die Gültigkeit einer Mutung ist dadurch bedingt, daß das in derselben bezeichnete Mineral
an dem angegebenen Fundpunkt auf seiner natürlichen Ablagerung vor Einlegung der Mutung
entdeckt worden ist und bei der amtlichen Untersuchung nachgewiesen wird, und dac nicht bessere
Rechte Dritter entgegenstehen. Handelt es sich um eine Mutung auf Stein salz nebst den auf
der nämlichen Lagerstätte vorkommenden Salzen und auf Solquellen,,so tritt hierzu, falls
nicht der Staat selbst die Mutung einlegt, die weitere Bedingung, daß der Muter gleichzeitig
die staatliche Erlaubnis zur Ausfsuchung und Gewinnung nachweist (Art. 15).
2) Für die erste Verleihung eines Bergwerkseigentums ist eine Stempelg vühr von 50 bis
15% #. zu entrichten; s. Gesetz über den Urkundenstempel i. d. F. v. 24. III. 1910, Art. 1,
arif Nr. 18.
3) Vgl. § 15 der Organisationsverordnung vom 15. III. 1879.
4) Siehe Hof= und Staatshandbuch 1912/13 S. 167.