280 Die wirtschaftliche Verwaltung. 8 108
betrieb!) wurde in Hessen in Ergänzung der reichsrechtlichen Vorschriften über Konzessio-
nierung, Approbierung und Verbietung bestimmter Arten von Gewerben und Berufen hin-
sichtlich des Hufbeschlags?), des Schornsteinfegergewerbes?), desRhein—
schiffergewerbes", der Mobiliarfeuerversicherung) und des Han-
delsmit Giftena) von der Erbringung des Befähigungsnachweises bzw. von staatlicher
Genehmigung abhängig gemacht7).
Zum Vollzuge des § 33 RöO. wurden landesrechtlich namentlich folgende Anordnungen
getroffen:
Die beim Vorhandensein der gesetzlichen Voraussetzungen zu erteilende Erlaubnis
zum Gastwirtschaftsbetrieb verleiht das Recht zur Beherbergung und zum Verab-
reichen von Getränken aller Art. Mit dem Gewerbe der Schan kwirtschaft ist das Recht,
Branntwein zu schänken, nicht ohne weiteres verbunden. Es bedarf daher hierzu stets der
besonderen Erlaubnis. — Kaffee wirtschaften, sowie der wirtschaftsmäßig betriebene
Ausschanknicht geistiger Getränke überhaupt unterliegen der Genehmigungs-
pflicht nach § 33 der Gewerbeordnung. Dagegen bedürfen Kostgebereien und Gar-
küchen, mit denen weder Gast= noch Schankwirtschaft verbunden ist, keiner Erlaubnis 8).
Kleinhandel mit Branntwein oder Spiritussstjeder Vertrieb, der in Mengen
unter zwei Liter stattfindet, soferm er nicht in etikettierten, versiegelten oder verkapselten Flaschen
von mindestens einem halben Liter erfolgt?).
Die Erlaubnis zum Ausschänken von Branntwein oder zum Kleinhandel mit Brannt-
wein oder Spiritus ist stets von dem Nachweise des Bedürfnisses abhängig. Die Erlaubnis
zum Betriebe einer Gastwirtschaft sowie zum Ausschänken von Wein, Bier oder anderen
nicht branntwein-oder spiritusartigen geistigen Getränken ist in Ortschaften mit unter 15 000 Ein-
wohnern gleichfalls stets, in Orten mit größerer Bevölkerungszahl dagegen nur auf Grund
etwaiger Ortssatzungen (RO. § 142) von dem Bedürfnisnachweis abhängig.
Die Erlaubnis ist niemals allgemein für ein Grundstück, sondern stets nur für be-
stimmte, näher zu bezeichnende Räumlichkeiten zu erteilen.
b) Die Ausübung des Gewerbebetriebs unterliegt in Hessen bezüglich einzelner
Gewerbe, z. B. der Pfandleiher, Trödler, Wirte, Gesindevermieter und Stellenvermittler 10)
und des Handels mit ländlichen Grundstücken 11) besonderen landesrechtlichen Vorschriften ½).
1) Bezüglich der Zuständigkeit s. oben unter I.
2) Siehe VO., die Ausführung d. G. ü. d. Ausübg. des Hufbeschlags vom 13. VI. 1885
betr., vom 20. III. 1905 RBl. S. 127.
3) Regulativ, die Reinigung der Schornsteine betr., v. 26. I. 1875 i. d. F. v. 19. XII. 1896, 5 3.
4) VO., die Erteilung der Rheinschifferpatente betr., v. 23. III. 1905 KF 1.
5) V. v. 11. XII. 1871 i. d. F. v. 21. XI. 1892, F 1.
6) G., den Handel mit Giften betr., v. 28. X. 1905 mit Vollz V O. v. gl. Tage, RBl. S. 295, 296.
schul Besuiglich der Errichtung von Privatunterrichtsanstalten s. 5 104 (Volks-
ulwesen).
8) Die Ausf V O. v. 20. III. 1912 § 49 befiehlt den Behörden, darüber zu wachen, daß solche
Speisewirtschaften und ebenso auch die grundsätzlich nicht genehmigungspflichtigen Fremden-
pensionen, Logierhäuser und ähnl., sowie die Flaschenbiergeschäfte nicht derart betrieben werden,
daß auf sie & 33 der Gewerbeordnung anzuwenden ist.
9) Die auf Grund der Allerh. Vollzugsverordnung vom 20. III. 1912 erlassene Ausführungs-
verordnung zur Reichsgewerbeordnung vom gleichen Tag (RBl. S. 48) hat teils den Charakter
einer Rechtsverordnung, teils den einer Verwaltungsverordnung (vgl. über diesen Unterschied oben
§5 65). — Bei der Anwendung dieser Verordnung haben die Gerichte (einschließlich der Verwaltungs-
gerichte) zu prüfen, inwieweit die Bestimmungen der Verordnung sich als Rechtssätze und
inwieweit sie sich als bloße Instruktionen für die Verwaltungsbehörden qualifizieren. Soweit sie
lediglich als Instruktionen erscheinen, sind sie für die Gerichte selbstverständlich nicht bindend
(G#G. § 1). Das gleiche gilt bezüglich derjenigen Sätze der Verordnung, welche sich (wie z. B,
der erste Satz des § 48 Abs. 3 i. d. neuen Fassung) lediglich als eine Interpretation der
unklaren reichsrechtlichen Vorschriften charakterisieren. Für die Gerichte sind nur diejenigen Sätze
der Verordnung verbindlich, welche im Rahmen des Vollzugs der Gewerbeordnung bleiben.
10) Siehe aber auch Reichsgesetz (sog. Stellenvermittlergesetz) v. 2. VI. 1910, Rl. S. 860.
11) Siehe MB. v. 27. VI. 1908, RBl. S. 131, i. d. F. v. 2. I. 1909, u. Ausf#O. v. 1912.
12) Siehe hierüber besonders Usinger a. a. O.; Zeller II S. 158.