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noch konfessionell getrennte Schulen — sog. konfessionelle Schulen — vorhanden
sind, bleiben diese bis zu ihrer ordnungsmäßigen Umwandlung in Simultanschulen fortbestehen
(Art. 4 ff.). Ist in einer Gemeinde eine Fortbildungsschule errichtet, so sind die aus der Volksschule
entlassenen Knaben noch drei Jahre lang zum Besuche dieser Schule verpflichtet. Unter bestimmten
Voraussetzungen kann Volks= und Fortbildungsschulunterricht durch Privatunterricht in Privat-
bildungsanstalten oder durch Privatlehrer ersetzt werden. Für den ordnungsmäßigen Unter-
richt der Schulpflichtigen sind deren Eltern oder der letzteren Stellvertreter verantwortlich
(Art. 19—28).
Die durch die allgemeine Schulpflicht bedingte Schullast umfaßt die Fürsorge für
Real- und Personalbedarf und obliegt, abgesehen von der den Eltern auferlegten Pflicht zur
Anschaffung der kleineren Lehrmittel (Hefte, Schulbücher usw., Art. 26), teils den Gemeinden,
teils dem Staat. Zur Errichtung einer Volksschule ist jede Gemeinde verpflichtet, in der
mindestens 30 schulpflichtige Kinder vorhanden sind. Für den vorgeschriebenen Religions-
unterricht solcher Kinder, in deren Religion an den gemeindlichen Schulen nicht unter-
richtet wird, muß bei einer Zahl von mindestens zehn Kindern regelmäßig Schullokal und
Heizung geboten werden (Art. 7). Außer den Kosten der Schulerrichtung obliegen
den politischen Gemeinden oder den gegebenenfalls zu schaffenden „Schulgemeinden“
(Vereinigungen mehrerer politischer Gemeinden) namentlich regelmäßig 1) die Kosten für
die Anschaffung der erforderlichen größeren Lehrmittel (Wandkarten usw.) und für die
Beheizung und Reinigung der Schullokale, sowie die Aufbringung der Mittel für die
Lehrergehalte und für die Schulwohnungen (Art. 81), und endlich gewisse besondere Leistungen
zu den allgemeinen Schulkosten zugunsten des Schullehrerpensionsfonds?) und der Pro-
vinzialschulfonds 3). Die Gemeinden sind jedoch zur Erhebung von Schulgeld nach Maßgabe
des Gesetzes befugt (Art. 86). Andererseits trägt der Staat insbesondere folgende Leistungen:
Zuschüsse zu den Lehrergehalten, zu Schulhausbauten und zu den Kosten des Fortbildungs-
unterrichts an überbürdete Gemeinden "), zum Schullehrerpensionsfonds, zur Schullehrer-
Witwen-= und Waisenkasse; die Gehalte der Kreisschulinspektoren; die Reisekosten der Kreis-
schulkommisssionen usw.; die Dienstzulagen für die definitiv angestellten Lehrer 5); endlich
die Kosten der obersten Leitung des Schulwesens, der Seminarien, Präparandenanstalten
und Prüfungskommissionen.
III. Einrichtung des Unterrichts?). Die Volksschule unterrichtet ihre
Zöglinge in zwei oder mehreren nach Altersstufen und Kenntnissen geschiedenen Klassen,
bzw. bei kleineren Schulen in mehreren Abteilungen. Die Schülerzahl einer Klasse
darf 80 nicht übersteigen; unter besonderen Umständen können einem Lehrer bis zu 100 Kinder
zum Unterricht zugewiesen werden.
In der einklassigen Volksschule werden Kinder jeden schulpflichtigen Alters ohne
Trennung der Geschlechter von einem gemeinsamen Lehrer unterrichtet. Diese Einrichtung
ist nur da zulässig, wo nach der vorhandenen Schülerzahl lediglich e in Lehrer angestellt zu
werden braucht. Die einklassige Volksschule zerfällt in drei HauptabteilungeKn, die
wieder in Unterabteilungen zerlegt werden können: Die 3. (unterste) Abteilung
umfaßt in der Regel die Kinder von 6—7 Jahren, die 2. (mittlere) die Kinder von 7—10 Jahren,
die 1. (oberste) die Kinder von 10—14 Jahren.
Falls in einer Gemeinde zwei Lehrer vorhanden sind, so ist, solange die Notwendigkeit
der Aufstellung eines dritten Lehrers noch nicht besteht, die zweiklassige Volksschule zu
bilden. Hier werden die Kinder ohne Trennung der Geschlechter in zwei gesonderten Klassen
unterrichtet, und zwar in der zweiten (unteren) Klasse die Kinder von 6—10 Jahren, in der
1) Ausnahmen s. Art. 81 u. 82.
2) Siehe G. v. 1. X. 1870, Art. 12; G. v. 30. XII. 1876 Art. 7.
3) Siehe G. v. 19. II. 1853.
4) G. v. 9. III. 1878 Art. 19; Schul G. Art. 83; Hreim-Müller S. 244.
on. T.G.. 30. . 1605 S. b. F. v. 1.0 . 1908, RBl. S. 92 (vgl. auch MB. v. 10. II. 1908,
6) Siehe Verordnung vom 2. XII. 1874, RBl. S. 695; Greim-Müller S. 10 ff.