Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XIX. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (19)

284 Die geistige Verwaltung. 8 110 
  
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ersten (oberen) die Kinder von 10—14 Jahren. Die Klassen zerfallen in Hauptabteilungen, 
diese wieder in Unterabteilungen. — Entsprechende Grundsätze gelten für die drei-, 
vier-= und mehrklassigen Volksschulen. 
Die Lehrgegenstände der Volksschule sind: Religion, deutsche Sprache (Sprechen, 
Lesen, Schreiben, Sprachlehre, Aufsatz), Rechnen, Raumlehre, Zeichnen, Geographie, Geschichte, 
Naturkunde, Singen und für die Knaben Turnen, für die Mädchen Handarbeiten. 
IV. Erweiterte Volksschulen (Bürgerschulen, Mittelschulen für Mädchen 
u# w.) sind Volksschulen, welche von den Gemeinden neben den allgemein erforderlichen öffent- 
lichen Volksschulen zu dem Zwecke errichtet werden können, weitergehende Bildungsbedürfnisse 
zu befriedigen, ohne die Ziele der höheren Lehranstalten zu erreichen. Die Bestimmungen 
über Organisation und Lehrplan dieser Schulen werden von der obersten Schulbehörde getroffen; 
diese hat auch darüber zu entscheiden, ob und inwieweit der Besuch solcher Schulen von der 
Fortbildungsschulpflicht befreit 1). Insoweit die erweiterten Volksschulen die Ziele der höheren 
Lehranstalten verfolgen, führen sie den Namen „höhere Bürgerschulen“ hierüber 
s. den solgenden Paragraphen. 
V. Privatunterrichtsanstalten, deren Benutzung von dem Besuche der 
öffentlichen Volksschulen entbinden soll, können nur mit Genehmigung der obersten Schul- 
behörde errichtet werden und dürfen nur mit solchen Lehrkräften besetzt werden, welche diese 
Behörde nach Kenntnissen und Sittlichkeit für befähigt erkannt hat. Sie unterstehen der Auf- 
sicht und Prüfung der Schulbehörden, zunächst der Kreisschulkommission und gewärtigen bei 
beharrlicher Nichtbeachtung der aufsichtlichen Anordnungen die Zurückziehung der Genehmigung. 
Die Errichtung solcher Privatunterrichtsanstalten, in welchen ausschließlich Schüler über 
oder unter dem schulpflichtigen Alter ausgenommen werden, ist der zuständigen Kreisschul- 
kommission anzuzeigen. Den Schulbehörden steht das Recht der Einsichtnahme zu. Die oberste 
Schulbehörde kann wegen Gefährdung des Staates oder der Sitten und der Gesundheit der 
Schüler die Schließung der Anstalt verfügen (Art. 28). 
VI. Schulstatistik vom Jahre 19112). Die Zahl der öffentlichen Volks- 
schulen betrug nach der letzten Zählung 981, darunter 905 Simultanschulen, 37 evangelische 
und 39 römisch-katholische Konfessionsschulen 3). Von der Gesamtzahl waren 407 Schulen 
einklassig, 254 zweiklassig, 104 dreiklassig, 76 vierklassig, 140 hatten mehr als vier Klassen. 
Die Zahl der Lehrkräfte betrug 3752 (darunter 3237 Lehrer, 515 Lehrerinnen), die Zahl der 
Schulkinder 205 558 (darunter 102 563 Knaben, 102 995 Mäödchen. 
An Privatschulen für schulpflichtige Kinder wurden — ungerechnet die Zwangs- 
erziehungsanstalten und die Schule der epilept. Anstalt — 38 mit 3423 Schulkindern und 
184 Lehrkräften gezählt. 
§ 110. Fortbildungsschulen und Fachschulen. I. Die Fortbildungsschulen, 
zu deren Errichtung die Gemeinden nach dem Volksschulgesetz (Art. 16, 17) verpflichtet sind, 
sind für die aus der Volksschule entlassene männliche Jugend obligatorisch, können aber auch für 
die weibliche Jugend errichtet werden. Aufgabe der Fortbildungsschule ist die weitere allgemeine 
Ausbildung der Schüler, insbesondere deren Befestigung und Weiterführung in denjenigen 
Kenntnissen und Fertigkeiten, welche für das bürgerliche Leben vorzugsweise von Nutzen 
sind. Zum Teil sind die Fortbildungsschulen mit Fachschulen in Verbindung gebracht 4). Sie 
sind stets Simultanschulen und werden ohne Rücksicht auf das Religionsbekenntnis mit Lehr- 
kräften besetzt. Der Unterricht dauert drei Jahre und soll regelmäßig in vier wöchentlichen 
Abendstunden während 4—5 Monaten im Winterhalbjahr erteilt werden. Die näheren Be- 
stimmungen über die Einrichtung und Beaussichtigung dieser Schulen werden nach Anhörung 
1) Siehe Volksschulgesetz Art. 18; Min Bek. v. 27. VIII. 1897, RBl. S. 177. 
2) Siehe Mitteilungen der Zentralstelle f. Landesstatistik 1911 Nr. 922 mit eingehenden 
statistischen Angaben. 
3) Dabei sind die 6 „erweiterten Volksschulen“ in Darmstadt, Offenbach und Gießen mit 
insgesamt 5148 Schulkindern und 141 Lehrkräften nicht mitgerechnet. 
4) Siehe hierüber & 110.
	        
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