290 Die geistige Berwaltung. 8 113
kleinen Senat, den großen Senat und die Abteilungen. Die Abteilungsvorstände
werden vom M. d. J. aus je drei von den Abteilungen aus ihrer Mitte gewählten Professoren
auf je drei Jahre ernannt. Zufolge Allerh. VO. vom 26. November 1899, RBl. S. 90, be-
sitzt die technische Hochschule das Recht der Verleihung der Würde eines Doktor-Ingenicurs.
III. Weitere Anstalten und Maßnahmen für Kunst und Wissen-
schaft. Als öffentliche staatliche Anstalten sind hier zu nennen#9:
1. die Großh. Hofbibliothek in Dannstadt;
2, die Großh. Universitätsbibliothek in Gießen:
3. das Großh. Landesmuseum in Darmstadt:
4. der Botanische Garten und das botanische Kabinett in Darmstadt:
5. der Botanische Garten und das botanische Institut in Gießen:
(Die unter Ziff. 2, 4 und 5 genannten Anstalten stehen in organischer Verbindung mit
der Londesuniversität zu Gießen bzw. mit der technischen Hochschule in Darmstadt.)
6. die dem Ministerium des Innern unterstehende Zentralstelle für die
Landesstatistik;
7. die Geologische Landesanstalt;
8. der geophysikalische Landesdienst;
9. die staatliche Denkmalpflegen;
10. die staatlichen Leistungen für die Historische Kommission für das Großh. Hessen,
den Historischen Verein und das Römisch--Germanische Zentralmuseum in Moinz.
B. Erziehungsfürsorge und Sittenpolizei.
sl 113. Erziehungsfürsorge. I. Zwangserziehungs). Die zwangsweise Unter-
bringung Minderjähriger in einer geeigneten Familie oder in einer Erziehungs= oder Besserungs-
anstalt zum Zwecke der Erziehung auf Anordnung des Vormundschaftsgerichts ist zulässig:
1. gegenüber Kindern, welche nach vollendetem sechsten und vor vollendetem zwölften
Lebensjahre eine strafbare Handlung begangen haben, wenn die Unterbringung mit Rücksicht
auf die Beschaffenheit der strafbaren Handlung, auf die Persönlichkeit des Kindes, der Eltern
oder sonstigen Erzieher desselben und auf dessen übrige Lebensweise zur Verhütung weiterer
sittlicher Verwahrlosung erforderlich ist (Art. 1 Abs. 1, 3);
2. gegenüber Minderjährigen unter 18 Jahren a) wenn die Voraussetzungen der §§ 1666,
1838 BEB. vorliegen, oder b) wenn die Maßregeln zur Verhütung des völligen sittlichen
Verderbens des Minderjährigen notwendig sind (Art. 1 Abs. 2).
1) Vgl. die Statistik des Bibliothekwesens in den Mitteilungen der Zentralstelle f. Lst. B. 41
Nr. 912. Bezüglich der sonstigen Ausgaben für Bildung, Erziehung, Kumt und Wissenschaft
s. Balser, Ergebnisse des Staatshaushalts 1909 usw., a. a. O. Nr.
2) Der Denkmalschutz bezieht sich auf Baudenkmale, bewegliche D#emaale (besonders
Urkunden) und Naturdenkmale (z. B. Bäume, Wasserläufe, Felsen); er wird durch die Behörden
der allg. Landesverwaltung unter Mitwirkung der Baubehörden und der besonderen Organe
der Denkmalpflege (Denkmalpfleger und Denkmalrat) besorgt. Die unter Schutz gestellten D.
dürfen nur mit staatl. Erlaubnis beseitigt oder wesentlich verändert werden. Besondere Grundsätze
gelten in Bezug auf Ausgrabungen und Funde, sowie bezüglich des Schutzes von Naturdenkmalen
und landschaftlich hervorragenden Gegenden vor Verunzierung durch Reklamen. Für etwaige
Schädigung der Eigentümer ist der Staat ersatzpflichtig. (G. v. 16. VII. 1902. RBl. S. 275).
3) G., die Zwangserziehung Minderjähriger betr., v. 30. IX. 1899, RBl. 855. Bezüglich
der besichen Zwangserziehungspraxis vgl. „Die Zwangs (Fürforge-#erziehung Vorträge ge-
halten i. d. Vereinigg. f. gerichtl. Psychiatrie usw. i. Gr. H. i. Jahre 1905 von Dannemann,
Fuldu. Bal ser, mit Bemerkungen von Best und Klumcker , abgedr. i. Jurist.-psychiatr.
Grenzfragen, Halle 1906; desgl. Schmidt (Mainz), „Die Praxis der Zwangserziehung usw.“
(Vortrag), abgedr. i. d. „Sozialen Praxis“, XVIII Nr. 18 u. 19, O. Röschen, Die Mit-
wirkung der freiwilligen Erziehungsvereine usw. (Referat), Karleruh-= i. B. 1909, endlich
Frenzel, Über die Praxis der Zwangserziehung, Karlsruhe i. B. 1909. — Bgl. auch
Edgar Loening, Die Zwangserziehung Minderjähriger nach den deutschen Reichs. und
Landesgesetzen, Schmollers Jahrbuch III. Folge, B. XXII; Eckert, Die materiellen Voraus-
setzungen der Z. nach hess. Recht, Gieß. Diss. 1909; Wodaege, Die formellen Voraus-
setzungen der Z. nach hess. Recht, Gieß. Diss. 1912.