Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XIX. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (19)

292 Die auswärtige Verwaltung. 8 115 
Vorschriften noch gültigen landesgesetzlichen Bestimmungen 1) beziehen sich namentlich auf 
das Verbot des Konkubinats (Art. 211), auf öffentliche Vergnügungen und Lustbarkeiten 
(Art. 215 ff.), Ausschweifungen im Trinken (Art. 219), Störungen der Sonntagsfeier und 
des Gottesdienstes (Art. 224—232) und verbotene Spiele (Art. 234—236). 
Achtes Kapitel. 
Die auswãrtige Verwallung. 
#§s 115. Auswärtige Verwaltung. 1. Umfang und Organisation der 
Auswärtigen Verwaltung. Die auswärtige Verwaltung ist den Einzelstaaten 
zwar nicht grundsätzlich entzogen, durch die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen Reich 
und Einzelstaat aber auf ein sehr geringes Maß beschränkt. Vor allem ist sie von dem Grund- 
satze beherrscht, daß der Einzelstaat im Verkehr mit auswärtigen Staaten nichts tun darf, was 
der Gesetzgebung und dem Interesse des Deutschen Reiches widerstreitet. Unter diesem Vor- 
behalt kann Hessen mit auswärtigen Staaten in friedlichen Verkehr treten, Staatsverträge 
abschließen, Gesandte entsenden und empfangen. Der Konsulatsverkehr mit außerdeutschen 
Staaten ist insofern beschränkt, als Hessen zibar ausländische Konsuln in seinem Gebiete zu- 
lassen, selbst aber keine Konsuln ins Ausland entsenden darf (RV. Art. 56). Der Konsulats- 
verkehr der deutschen Staaten untereinander unterliegt keiner Einschränkung 2). 
Unter den Begriff der auswärtigen Verwaltung fällt nicht nur der Verkehr mit außer- 
deutschen Staaten. Auch der Verkehr des Einzelstaats mit dem Deutschen Reiche und mit 
den übrigen deutschen Einzelstaaten spielt sich in den Formen des diplomatischen Verkehrs ab. 
Die Leitung der auswärtigen Angelegenheiten liegt in der Hand 
des Staatsministers, der rechtlich notwendig das Amt eines Ministers des Außern mit dem 
Ministerpräsidium vereinigt 3). Weitere Organe der auswärtigen Verwaltung Hessens 
(in dem oben erörterten Sinne) sind: Die Bevollmächtigten zum Bundesrat, der Gesandte 
am kgl. preußischen Hofe (zugleich Bundesratsbevollmächtigter), die (zum Teil unbesetzten) 
hessischen Konsulate in Bremen, Frankfurt und Hamburg. 
II. Der Abschluß von Staatsverträgen"). 1. Der Umfang des Ver- 
tragsrechts des hessischen Staates läßt sich in folgender Weise bestimmen: 
a) Hinsichtlich aller derjenigen Angelegenheiten, welche zur ausschließlichen Zuständigkeit 
des Deutschen Reiches gehören, ist ein Paktieren Hessens mit anderen Staaten ausgeschlossen. 
Der Kreis dieser Angelegenheiten wird durch die Reichsgesetzgebung — nötigenfalls im Wege der 
Verfassungsänderung — bestimmt (s. RV. Art. 2, 5, 78). Zurzeit gehört hierher beispielsweise: Das 
Konsulatswesen im Auslande, das Post= und Telegraphenwesen, das Recht des Friedensschlusses)). 
b) Für bestimmte Angelegenheiten besteht zufolge Reichsrechts eine konkurrierende 
Vertragskompetenz des Deutschen Reiches und Hessens. Innerhalb des Bereiches dieser An- 
gelegenheiten ist, soweit das Reich von seinen Befugnissen keinen Gebrauch macht, Hessen 
berechtigt, Staatsverträge einzugehen, abzuändern oder aufzulösen. Hierher gehört z. B. 
der Betrieb der Schiffahrt auf den mehreren Staaten gemeinsamen Wasserstraßen, die Straf- 
vollstreckung, das Gesundheitswesen #). 
Z) Auf allen denjenigen Gebieten, bezüglich deren nach den vorgenannten Grundsätzen keine 
Zuständigkeit des Reichs begründet ist, hat Hessen das unbeschränkte Vertragsschließungsrecht. 
1) Polizeistrafgesetz v. 10. Okt. 1871 (mit zahlreichen reichs- und landesrechtlichen Ande- 
rungen; vgl. Glock u. Lehr S. 95 ff.)) Amtl. Handausg., Darmstadt 1897. 
2) Zurzeit sind 6 außerdeutsche und 4 deutsche Staaten durch Gesandtschaften, 33 außer- 
deutsche und 2 deutsche Staaten durch Konsulate in Hessen vertreten; die Amtssitze der be- 
treffenden Gesandten und Konsuln liegen jedoch teilweise nicht in Hessen. 
- 3)Sieheoben§29. 
4) Vgl. hierzu Seib, Der Abschluß von Staatsverträgen i. Gr. H., Gieß. Diss. 1910, auf 
dessen eingehende, größtenteils überzeugende Ausführungen bezüglich aller Einzelheiten und 
auch bezüglich der Beweisführung verwiesen werden muß. 
5) Siehe Seib S. 56—58. 
6) Vgl. Seib, S. 58—66.
	        
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