Art. 14—21 Anhang: Verfassungsurkunde des Großherzogtums Hessen. 307
2. durch Verheurathung einer Ausländerin mit einem Inländer:
3. durch Verleihung eines Staatsamts;
4. durch besondere Aufnahme.
Art. 1410. Staatsbürger sind diejenigen volljährigen Inländer männlichen Geschlechts,
welche in keinem fremden persönlichen Unterthans-Verband stehen und wenigstens drey Jahre
in dem Großherzogthume wohnen. Z
Die in dem Besitze einer oder mehrerer Standesherrschaften sich befindenden Häupter
der jetzigen standesherrlichen Familien haben jedoch das Staatsbürgerrecht ungeachtet eines
fremden persönlichen Unterthans-Verbands.
Art. 151n). icht christliche Glaubensgenossen haben das Staatsbürgerrecht alsdann,
wenn es ihnen das Gesetz verliehen hat, oder wenn es Einzelnen entweder ausdrücklich, oder,
durch Übertragung eines Staatsamts, stillschweigend verliehen wird.] .
Art. 16’). (Jede rechtskräftige Verurtheilung zu einer peinlichen Strafe ziehet den
Verlust des Staatsbürgerrechts nach sich.
Seine Ausübung wird gehindert:
1. durch Versetzung in den peinlichen Anklagestand, oder Verhängung der Special=
Inquisttion;
2. durch das Entstehen eines gerichtlichen Concurs-Verfahrens über das Vermögen
bis zur vollständigen Befriedigung der Gläubiger;
3. während der Dauer einer Curatel und .
4. für diejenigen, welche für die Bedienung der Person oder der Haushaltung eines
Andern Kost oder Lohn empfangen, während der Dauer dieses Verhältnisses.)
Art. 17. Das Recht des Inländers geht verloren: v
1. durch Auswanderung: «
2. durch Verheurathung an einen Ausländer. Die Wittwe erhält jedoch die Rechte
einer Inländerin wieder, wenn sie entweder im Großherzogthume geblieben ist, oder dahin,
mit Erlaubnis der Staatsregierung und unter der Erklärung, sich darin niederlassen zu
wollen, zurückkehrt.
Art. 18. Alle Hessen sind vor dem Gesetz gleich.
Art. 19. Die Geburt gewährt Keinem eine vorzügliche Berechtigung zu irgend einem
Staats-Amte.
Art. 20/). (die Verschiedenseit der in dem Großherzogthume anerkannten christlichen
Confesfionen hat keine Verschiedenheit in den politischen, oder bürgerlichen Rechten zur Folgel.
Art. 215). [Den anerkannten christlichen Confessionen ist freye und öffentliche Ausübung
ihres Religions-Cultus gestattet.)
1) Art. 14 HV. ist, ohne ausdrücklich aufgehoben zu sein, seit dem Inkrafttreten des
Gesetzes, die Landstände betreffend, vom 3. Juni 1911, Kisl. S. 87) tatsächlich obsolet. Die
.Staatsbürger“ im Sinne des Art. 14 bildeten einen engeren Kreis innerhalb der hessischen
Staatsangehörigen („Inländer'“) und waren identisch mit den im Besitz des aktiven Landtags-
wahlrechts befindlichen Personen. Da das Landtagswahlrecht seit jenem Gesetz nicht mehr an
die Erfüllung der Voraussetzungen des Artikels 14 HV., sondern an das Vorhandensein der in
dem Landstände Fleh von 1911 verlangten Eigenschaften geknüpft ist, hat der Ausdruck „Staats-
bürger“ jede rechtliche Bedeutung verloren.
2) Art. 15 HV. steht nicht nur im Widerspruch mit dem heutigen Reichsrecht, seern er
at seine rechtliche Bedeutung schon durch das verfassungsändernde Gesetz, die religiöse Freiheit
etreffend, vom 2. April 1848 (NBl. S. 321) verloren, dessen Art. 2 bestimmte: „Bie Ver-
chiedenheit der Religionsbehennfnisses hat keine Perschiedenheit in den politischen oder
üre erlichen Rechten zur Tolge. Uedr Unfähigkeit oder Beschränkung hinlichtlich der
Nusübung politischer bder bürgerlicher Rechte und Rechtshandlungen, welche bisher als
Tolge der Verschiedenhrit des Religionsbekrnnknisses bestanden hat, ist aufgehoben.“
Vgl. auch die Anmerkung zu Art. 14 H. Z
3) Verlust und Suspension des .„Staatsbürgerrechts“ sind gleichbedeutend mit Verlust und
Suspension des Landtagswahlrechts. Diese Rechtsnachteile bestimmen sich nunmehr nach dem
Landständegesetz vom 3. Juni 1911, Art. 7 und 8 f. (s. unten S. 310). Daher ist Art. 16 H.
heute, obwohl nicht förmlich aufgzhoben, tatsächlich nicht mehr praktisch.
4) Vgl. die Anmerkung zu Art. 15 H.
5) Art. 21 HV. ist zwar nicht förmlich aufgehoben, jedoch tatsächlich ersetzt durch die
Grundsätze des zu Art. 15 HV allegierten Gesetzes vom 2. August 1848, dessen Einleitungs-
worte und erster Artikel rücgedn he lauten:
ITXEH III. von Gottes ·
«UmdenGrundsaderGewillenosrechkttvolluändigdurchzuführenhgbknwitJMt
DullnmnungUnsereraereuethändeverordnrtundverordnen hiermit wie folgt:
Murt. 1. Uedem Einwohner des Großherzogthums steht die freie und öffentliche Aus-
übung seines religiösen Tultus zu.
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naden Großherzog von Hessen und bei Rhein rc. 2c