Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XIX. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (19)

Art. 110. Anhang: Verfassungsurkunde des Großherzogtums Hessen. 323 
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innerhalb seines Wirkungskreises für die genaue Beobachtung der Verfassung verantwortlich. 
Das Gesetz über die Verantwortlichkeit der Minister und der obersten Staatsbehörden 
bildet einen integrirenden Theil der Verfassung. 
Art. 1101½). Abänderungen und Erläuterungen der Verfassungsurkunde können nie 
anders, als mit Einwilligung beider Kammern, geschehen. 
lume rerlamirk wird, sich nie zur Enkschuldigung auf angebliche Befehle des Regenten 
erufen hönnen. 
AMrk. 2. Die Perantworklichkeitk der Winikfler und obersten Staaksbramken hann 
auch alsdann geltend gemacht werden, wenn sie, vor der wirklich erfolgten Anklage, ihr 
Imtk niederge Et haben, oder von demselben entkfernt worden sind. 
Mrt. 3. Unser Pber- Appellationsgrricht ist das allein mhändigr Gerichk, um in 
Tällen, wo die in den vorhergehenden Artiheln erwähnte Prrantworklichkeit geltend 
grmacht werden soll, zu unkersuchen und zu entscheiden. Z 
rt. 4. DPie Competen; des Pber- Appellationsgerichts kritt ein, wenn Wir einen 
Winisser oder obersten Staatsbramten, sen es aus rigener Bewegung, oder zu Folge einer 
von beiden Kammern der Stände gemeinschaftlich beschlolsenen und durch eine Brmein- 
schaftliche Reputation Mns überreichten Anklage, in den Anklagezustand verseht haben. 
Im Falle einer solchen Anklage von Seiten der Stände werden Wir die Versehung 
iu den Anktagestand möglichst bald beschließen, wenn Wir es nicht für nothwendig 
DZrachten. Unsern getreuen Ständen zuvor noch nähere Erläuterungen ertheilen zu lassen. 
Mrt. 5,. Der angehlagte Winister, oder oberste Staatsbeamte kann verlangen, daß 
das Gericht wenigstens mit einem Hräsidenten und sieben Räthen besehl sey. 
.Mrt. 6. Dem HFerurkheilten steht gegen das Erkenntnik das nechtemitter der 
Revision mit allen Wirkungen der Appellation und eben so das Rechkemittel der Rellitution 
wegen nen aufpesundenen Thatlachen zu. » 
Mrt. 7. Ueber diese Rechtsmittel wird gleichfalls von dem nach Mrk. 5 besehten 
Plenum des Pber - Appellationsgerichts entschieden. Am Falle der Reviston sind jedoch 
er vorige Referenk und Torreferent ausgeschlossen und es müssen an dem neuen Urtheile 
wenigstens ebenso viele neue Richter Antheil nehmen, als dabei solche ronrurriren, welche 
das erste Urtheil mit gesprochen haben. Z 
Nrt. 8. Ueber die Ark und Weise, wie die Richter zu ergänzen seyen, wenn es im 
Talle des Mrt. 5 an der erforderlichen Anzahl der Richter fehlen, oder wenn im Falle 
des Mrt. 7. 2ine Adbjunrtion erforderlich seyn sollte, werden wir Infern ekreuen Ständen 
auf dem nächsten Landtage die zwechdienlichen Kropolttionen machen lassen. 
Art. 9. Dieles Gesetz soll als integrirender Theil der Perfassung des Grohherzog- 
thums betrachtet werden. 
Si Urkundlich Unserer eigenhändigen Unkerschrift und des hierauf gedruchten Staats- 
iegels. 
Barmstadk, den 5. Juli 1821. 
1 85) TIHGEML. von Grolman.“ 
In untrennbarem Zusammenhang mit dem vorstehenden Gesetz von 1821 steht das Gesetz, 
die Verantwortlichkeit der höchsten Staatsbehörden betre aend vom 8. Januar 1824 (Rhl. S. 9), 
dessen Einleitungsworte und einziger Artikel folgenden Wortlaut haben: 
„IUDEWIG von Gottes Gnaden Erohherpon von Hessen und bei Rhein rc. 2c. 
v In dem Art. 8 des Gesetzes vom öten Juli 1821 haben Wir erhklärt, daß eine 
weitere gesekliche Bestimmung darüber erfolgen solle, wie die Richter zu ergämen seyen 
wenn es entweder an der nach dem Art. 5. des gedachten Gesehes erforderlichen A#zahl 
fehle, oder nach Mrt. 7. desselben eine Adjunrtion nokhwendig werden sollte. 
Wir haben Uns daher nunmehr entschlossen, hierüber nach Anhörung Unsers Staats- 
rakhs und mit Bustimmung Unserer getreuen Stände, Folgendes zu verordnen: » 
«Etnztgerxrtxhelzwrnnnachden Bestrmmkmfen Unsers Ge ehre vom 5. Juli 1821 
die Bothwendigbeit eintritt, das Hersonal der Richker zu ergänzen, so wird Unser Pber- 
Ipprlla ionsgericht aus dem sämmtlichen Hersonal der Tribunale des Landes lür jeden 
erforderlichen Ersahrichter wei Individnen ernennen, von welchen der Angeklagte das 
2ine nach Willkühr auszusch ießen hat. Will der Angeklagfe von dieser Befugnis keinen 
Gebrauch machen, so entscheidet unter den Ernannten das Loos.“ 
1) Das mehrgenannte Gesetz vom 3. September 1849 (Rl. S. 435) bestimmte in seinem 
Art. 24 folgendes: „VPer Mrt. 93 der Verfallungsurkunde wird dahin abgerändert, da 
einem gültigen Belchlusse der ersten Kammer die Mbstimmung von wenigstens 3 Wit- 
Hirdern gehört. Ebenso ist zu einem in Ark. 110 der Verfalsungsurkunde erwähnten 
eschlusle die Zustimmung von wenigstens 13 Witgliedern erforderlich.“ Trotz der hier- 
mit ausgesprochenen Abänderung des Art. 93 HV. verlangt der mit Art. 110 HV. wörtlich 
Übereinstimmende, nur in Schreibweise und Interpunktion von ihm abweichende, Art. 48 des 
Geschäftsordnungsgesees vom 17. Juni 187 Verfassungsänderungen wiederum nur die 
Zustimmung von zwölf Mitgliedern der Ersten Kammer. 
  
21“
	        
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