Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XIX. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (19)

5 19 Regentschaft und Stellvertretung. 41 
  
beschränktere, da die hier vornehmlich in Betracht zu ziehenden Bestimmungen des Reichsrechts 
(ogl. z. B. RStGB. ös 94 ff.; RSt PO. 8§ 71, GG. 55, EG. z. RSt PO. § 4) den Regenten 
dem Landesherrn keineswegs gleichstellen 1). c) Der Regent erhält an sich keine besondere 
Dotation. Jedoch sind die Kosten seiner Hofhaltung und Repräsentation aus der Zivilliste 
zu bestreiten; auch ist für den Fall, daß hierdurch die Zivilliste zu stark belastet würde, dem. 
Regenten ein Beitrag zu diesen Kosten aus der Staatskasse zu leisten, dessen Höhe mit den 
Landständen zu vereinbaren ist. 
4. Die Regentschaft endet: a) Falls sie durch geistige oder körperliche Gebrechen des 
Großherzogs veranlaßt war, nach der beschlußmäßigen Konstatierung des Wegfalls dieses 
Grundes durch eine Versammlung der vereinigten beiden Ständekammern; b) in allen übrigen 
Fällen, insbesondere also bei ursprünglicher Minderjährigkeit des Großherzogs oder bei Un- 
gewißheit der Person des Großherzogs, ipso jure mit dem Wegfall des Grundes, der ihren 
Eintritt veranlaßt hat (Art. 9). — Falls der Regent selbst regierungsunfähig wird, die Regent- 
schaft freiwillig niederlegt oder durch den inzwischen regierungsfähig gewordenen Thron- 
folger ersetzt wird, tritt nicht Beendigung der Regentschaft, sondern nur ein Wechsel in 
der Person des Regenten ein: „Die Regierung desspeziellen Regenten 
erreicht ihr Ende'“ 2). 
II. Stellvertretung. 
1. Generalstellvertretung. Im Falle einer vorübergehenden 
Verhinderung kann der Großherzog ohne Mitwirkung der Stände Vollmacht für 
seine Stellvertretung in Ausübung der Regierungsrechte erteilen (Regent Ges. Art. 10); 
er ist hierbei in der Wahl der Person bzw. der Personen vollständig frei 3). Der 
Umfang der dem Stellvertreter zur Ausübung zustehenden Regierungsrechte bemißt sich 
nach dem speziellen Auftrage, nicht — wie beim Regenten — nach dem Gesetz. Den 
Zeitpunkt der Beendigung der Stellvertretung bestimmt ebenfalls der Großherzog. Als 
„persönlicher Bevollmächtigter des Monarchen“ (Anschütz, Enzykl. II S. 570) ist der Stell- 
vertreter seinem Vollmachtgeber für die auftragsgemäße Führung der Regierungsgeschäfte 
dienstlich (disziplinarrechtlich) verantwortlich. Auch über die volle straf- 
rechtliche, und ebenso über die zivilrechtliche Verantwortlichkeit des Stellver- 
treters kann kein „Zweifel bestehen. Von einer staatsrechtlichen Verantwortlichkeit 
des Stellvertreters im Sinne von Ministerverantwortlichkeit kann dagegen beim Stellvertreter 
meines Erachtens nur dann gesprochen werden, wenn er zu denjenigen Staatsbeamten gehört, 
für welche eine derartige Verantwortlichkeit ausdrücklich durch Gesetz statuiert ist (vgl. HV. 
109 und Gesetz über die Verantwortlichkeit der Minister und obersten Staatsbeamten vom 
5. Juli 1821). Diese „Ministerverantwortlichkeit“ des Stellvertreters erstreckt sich sachlich 
naturgemäß nicht weiter, als gegebenenfalls die Verantwortlichkeit des betreffenden Ministers 
gehen würde; es erscheint also als ausgeschlossen, daß eine Verantwortlichkeit des Stellvertreters 
in Fällen in Anspruch genommen wird, wo — sofem der Landesherr selbst die von seinem 
Stellvertreter vorgenommene Regierungshandlung vorgenommen haben würde — eine 
Ministerverantwortlichkeit überhaupt nicht in Frage käme. Im übrigen kann von einer rechtlich 
ergibt sich m. E. nicht erst aus der ausdrücklichen, ohne zeitliche Begrenzung erfolgten Auf- 
stellung des Grundsatzes der Unverantwortlichkeit (Regent.-Ges. Art. 6 Abs. 1), sondern aus dem 
Wesen der Unverantwortlichkeit. Vgl. dagegen Cosack S. 14 Abs. 5, nach dessen Ansicht der 
Regent nach Beendigung der Regeischaft „wie jeder andere Vormund“ zur Verantwortung 
gezogen werden kann, „und zwar auch wegen seiner Regierungshandlungen". 
6.1 2 I#l. hierher v. Frisch, Die Verantwortlichkeit der Monarchen und höchsten Magistrate, 
2) Siehe Meyer-Anschütz S. 285. — Dort fehlt jedoch der Hinweis auf die Mög- 
lichkeit der Beendigung der spez. Regentschaft durch Übernahme der Regentschaft von seiten 
des regierungsfähig gewordenen Thronfolgers (Regent Ges. Art. 2 Abs. 3). Der Schlußsatz des 
92 a. a. O. trifft für Hessen demnach nicht zu. 
3) Durch Allerh. Erlaß vom 3. XII. 1902 (RBl. S. 555) wurde z. B. das Staatsministerium 
mit der vorübergehenden Vertretung des Großherzogs betraut.
	        
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