g 22 Die Zusammensetzung der Ersten Kammer. 45
Vorschlag der Häupter der standesherrlichen Familien aus der Reihe der Agnaten dieser Familien
ein Mitglied, welches das auf jenen standesherrlichen Besitzungen ruhende Recht auf Sitz und
Stimme in der I. Kammer auf Lebenszeit auszuüben hat. — Voraussetzung für den Eintritt
in die Kammer ist Besitz der hessischen Staatsangehörigkeit und Zurücklegung des 25. Lebens-
jahrs. Wohnsitz in Hessen ist nicht erforderlich (s. Lst.G. Art. 2 Z. 2).
3. Der Senior der Familie Riedesel Freiherrn zu Eisenbach, unter der Voraussetzung
des Besitzes der hessischen Staatsangehörigkeit und der Zurücklegung des 25. Lebensjahrs.
Wohnsitz in Hessen ist nicht erforderlich 1).
4. Der katholische Landesbischof oder, im Falle seiner Verhinderung, ein von dem
Bischof mit landesherrlicher Zustimmung für die Dauer des Landtags als sein Vertreter be-
zeichneter katholischer Geistlicher. Während der Erledigung des bischöflichen Stuhls erteilt
der Großherzog einem katholischen Geistlichen den Auftrag, an der Stelle des Bischofs auf
dem Landtage zu erscheinen. Voraussetzung der Kammermitgliedschaft ist Besitz der hessischen
Staatsangehörigkeit, Wohnsitz im Großherzogtum seit mindestens drei Jahren und Zurück-
legung des 25. Lebensjahrs.
5. Ein Geistlicher der evangelischen Landeskirche, den der Großherzog dazu auf Lebens-
zeit mit der Würde eines Prälaten ernennt. Bei Erledigung der Stelle eines Prälaten, sowie
auf Anzeige des Prälaten bei dessen Verhinderung 2) erteilt der Großherzog einem anderen
Geistlichen der evangelischen Landeskirche auf die Dauer des Landtags den Auftrag, als Stell-
vertreter des Prälaten auf dem Landtage zu erscheinen. Im übrigen gilt die gleiche Voraus-
setzung wie zu Ziff. 4.
6. Ein Mitglied des akademischen Senats 3) der Landesuniversität, das der Großherzog
auf Vorschlag des akademischen Senats für die Dauer des Landtags beruft, vorbehaltlich des
Vorhandenseins der unter Ziff. 4 genannten Voraussetzungen.
7. Ein Mitglied des großen Senats der Technischen Hochschule in Darmstadt, das der
Großherzog auf Vorschlag des großen Senats für die Dauer des Landtags beruft, vorbehaltlich
des Vorhandenseins der unter Ziff. 4 genannten Voraussetzungen.
8. Zwei Mitglieder, die „der in dem Großherzogtum genügend mit Grundeigentum
angesessene Adel“ auf sechs Jahre aus seiner Mitte wählt 1). Bei dieser Wahl sind nur die-
jenigen adeligen Grundbesitzer stimmberechtigt und wählbar, bei deren Veranlagung zur
Vermögenssteuer seit Anfang des Rechnungsjahres, in dem die Wahl stattfindet, Grundstücke
im Mindestumfang von zehn Hektar und im Mindestwert von 500 000 Mark in Anschlag ge-
bracht wurden 5). Weitere Voraussetzung des aktiven und passiven Wahlrechts ist hierbei,
daß die Genannten zur Zeit der Wahl: erstens das 25. Lebensjahr zurückgelegt haben, zweitens
wenigstens drei Jahre im Großherzogtum wohnen und drittens wenigstens ein Jahr die hessische
Staatsangehörigkeit besitzen. Auch darf keiner der in Art. 7 und 8 LstG. bzw. § 49 des Reichs-
militärgesetzes vom 2. Mai 1874 genannten Gründe für den Ausschluß vom Stimmrecht oder
das Ruhen der Wahlberechtigung bei ihnen vorliegen ).
1) An Stelle des Seniors konnte im Falle des Verzichts= und wohl auch beim Fehlen der
vorbezeichneten Voraussetzungen — vom Großherzog eventuell der Nächstälteste der Familie
(Subsenior, Subsfubsenior usw.) in die I. Kammer ausgenommen werden. (Vgl. Schreiben des
Staatsministeriums vom 26. Juni 1820, LV. 1 1820, Beil. 2.) Heute greifen in Fällen der
Berhinderung die Bestimmungen des Art. 65 Lst G. Platz.
2) In letzterem Falle erscheint die Auftragserteilung von seiten des Großherzogs als ein
Ausfluß des landesherrlichen Summepiskopats.
3) D. i. des Gesamtsenats im Sinne des §& 19 der Allerh. Verordnung, die Verfassung der
Landesuniversität Gießen betreffend, vom 19. Juli 1911, RBl. S. 185.
4) Wenn ein Adelsvertreter im Laufe der Wahlperiode durch Tod, Wahlablehnung, Mandats-
niederlegung, Verlust der Wählbarkeit, Annahme eines besoldeten Staatsamts oder Vorrücken
im Rang oder Gehalt ausscheidet, hat eine Ersatzwahl stattzufinden (Art. 16, 61 Abs. 4 Z. 1—4).
Bezüglich des Wahlverfahrens s. Art. 17.
5) Bezüglich der Berechnung der Steuerpflicht usw. s. Art. 14.
6) LstG. Art. 2 Z. 8; Art. 5, 6 Abs. 1 Z. 1 u. 2; Art. 7 u. 8; RMG. 49 Abs. 1. — Die
Gründe des Art. 7 sind in diesem Paragraphen unter II, die Gründe des Art. 8 LstG. und
des § 49 RMM. sind im folgenden Paragraphen unter II aufgezählt.