48 Die Organisation des Staates. Die Volksvertretung. 8 23
1. zur Zeit der Wahl das 25. Lebensjahr zurückgelegt haben,
2. zur Zeit der Wahl wenigstens drei Jahre im Großherzogtum wohnen und ein Jahr
die hessische Staatsangehörigkeit besitzen 1), und
3. seit Anfang des Rechnungsjahres, in dem die Wahl vorgenommen wird, zu einer
direkten Staats= oder Gemeindesteuer herangezogen sind. Stimmberechtigt sind auch solche
Personen, bei denen die im Abs. 1 Ziff. 1 und 2 bezeichneten Voraussetzungen der Stimm-
berechtigung vorliegen, und die nur deshalb nicht zu einer direkten Staats-- oder Gemeinde-
steuer herangezogen sind,
a) weil sie in Gemäßheit des Art. 5 Abs. 1 oder 2 des Gesetzes vom 12. August 1899,
die allgemeine Einkommensteuer betreffend, bei der Besteuerung mit anderen Personen zu-
sammen als eine Person angesehen werden, oder
b) weil sie als Militärbeamte oder Invaliden in Gemäßheit des Art. 6 Ziff. 5, 6, 7 und 8
des unter a) genannten Gesetzes von der Einkommensteuer ausgenommen sind, oder
Tc) weil in der Gemeinde, in der sie der Steuerpflicht unterliegen, direkte Gemeinde-
steuern überhaupt nicht oder für einzelne Einkommenklassen nicht erhoben werden.
Jeder Stimmberechtigte, der das fünfzigste Lebensjahr
zurückgelegt hat, ist berechtigt, zwei Stimmen bei der Wahl ab-
zugeben:?).
Das Stimmrecht wird am Wohnsitze des Stimmberechtigten ausgeübt. Wer an ver-
schiedenen Orten einen Wohnsitz hat, kann das Stimmrecht nur an dem Orte ausüben, wo
er ausschließlich oder mit dem größten Teile seines Einkommens zur Gemeindesteuer heran-
gezogen ist.
Die oben genannten, in Art. 7 Ziff. 1—9 9) aufgeführten Personenkategorien sind jedoch
vom Stimmrecht ausgeschlossen. Ferner ruht die Berechtigung zum Wählen für
folgende Personen:
1. solche, gegen die wegen eines Verbrechens oder wegen eines Vergehens, wegen
dessen auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte oder auf Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung
öffentlicher Amter erkannt werden kann oder muß, das Hauptverfahren beschlossen ist, während
der Dauer des Strafverfahrens (Art. 8 Ziff. 1);
2. solche, die sich in Untersuchungs= oder Strafhaft befinden (Art. 8 Ziff. 2).
3. Ferner können die Mitglieder der Ersten Kammer sowie die zur Wahl der Vertreter
des grundansässigen Adels berechtigten Personen nicht an den Wahlen zur Zweiten Kammer
teilnehmen (Art. 9).
4. Endlich ruht die Berechtigung zum Wählen für die zum aktiven Heere gehörigen
Militärpersonen, mit Ausnahme der Militärbeamten (§ 49 des Reichsmilitärgesetzes vom
2. Mai 1874, Rel. Nr. 15, S. 45) ).
III. Die passive Wahlbefähigung für die Zweite Kammer besitzen die
sämtlichen, oben angeführten aktiv wahlberechtigten Personen, die nicht nach dem vorgenannten
Art. 7 vom Stimmrecht ausgeschlossen sind (Art. 12). Durch das Vorliegen der in Art. 8 ge-
nannten, das Ruhen des Wahlrechts bewirkenden Gründe wird das passive Wahlrecht nicht
beeinflußt. Dagegen kann ein Mitglied der Ersten Kammer nicht zur Zweiten Kammer ge-
wählt werden (Art. 13).
1) Der Besitz des hessischen „Staatsbürgerrechts“ im Sinne des Art. 14 HV. wird heute
also weder für die Erste noch für die Zweite Kammer gefordert.
2) Bezüglich der Bedeutung des Pluralwahlrechts und des Zustandekommens jener Be-
stimmung s. Kissel S. 135 f. Vgl. auch Lion S. 152f.
3) Bei den Abgeordnetenwahlen ist also die Steuerrückständigkeit nach näherer Vorschrift
des Gesetzes stets ein Ausschließungsgrund.
4) Welche Personen „zum aktiven Heere gehören“ bestimmt im einzelnen & 38 des Reichs-
Militärgesetzes.