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Soweit die Voraussetzungen des altiven und passiven Wahlrechts von der Steuerpflicht
abhängen, bestimmen sie sich unbeschadet der oben zitierten Ziff. 6 des Art. 9 ausschließlich
nach dem Inhalte der Steuerlisten. Hierbei werden Steuerzahlungen, die von einer Handels-
gesellschaft zu leisten sind, oder die auf Gegenständen haften, welche im Miteigentum stehen,
den einzelnen Gesellschaftsmitgliedern oder Miteigentümern nach Maßgabe ihrer Berechtigung
angerechnet. Beteiligungen an Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien,
Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Berggewerkschaften bleiben hierbei außer Betracht
(Art. 14).
Für gewisse Beamtenkategorien ist das passive Wahlrecht, sei es unbedingt, sei es nur
innerhalb des Wahlkreises ihres Dienstbezirks, suspendiert: Mitglieder der Ministerien sowie
der Oberrechnungskammer können überhaupt nicht zu Abgeordneten für die Zweite Kammer
gewählt werden. Gewisse Kategorien von Lokalbeamten, nämlich: Amtsrichter und Gerichts-
schreiber bei den Amtsgerichten, Kreisräte, Kreisamtmänner, Kreisärzte, Kreisassistenzärzte,
Kreisschulinspektoren, Kreisveterinärärzte, Kreisgeometer, Polizeikommissäre, Bauinspektoren
und Bauassessoren, Vorstände der Finanzämter, Finanzamtmänner, Bezirkskassierer und
Kontrollbeamte der Lofkalkassestellen, Obersteuerinspektoren und Oberförster, sowie die diesen
Beamten untergebenen Beamten, die ihren Gehalt aus der Staatskasse empfangen, können
für Wahlkreise, die ganz oder zum (nach der Bevölkerungszahl zu berechnenden) größten Teile
zu ihren Dienstbezirken gehören, nicht zu Abgeordneten gewählt werden. Dasselbe gilt von
denjenigen Beamten, auf die in der Folge die Amtsverrichtungen der vorstehend bezeichneten
Beamten übertragen werden sollten.
IV. Bezüglich des Wahlverfahrens ist besonders Folgendes hervorzuheben:
1. Wahlkreiseinteilung. Diejenigen Städte, welche mehr als einen Ab-
geordneten zu wählen haben, werden für die Wahl in so viel räumlich abgegrenzte Wahlkreise
eingeteilt, als Abgeordnete zu wählen sind. In jedem Wahlkreise wird ein Abgeordneter
gewählt. Die Wahlkreise sollen je ein zusammenhängendes Ganzes bilden und eine annähernd
gleich große Zahl Einwohner enthalten. Die Abgrenzung jener Wahlkreise erfolgt im Wege
der Verordnung, nachdem die städtische Vertretung hierüber gehört ist. Diejenigen Städte,
von denen jede einen Abgeordneten zu wählen hat, bilden je einen Wahlkreis für sich
(Art. 19).
Außerhalb der Städte, denen ein besonderes Wahlrecht zusteht, werden in der Provinz
Starkenburg achtzehn, in der Provinz Oberhessen vierzehn und in der Provinz Rheinhessen
elf Wahlkreise gebildet. In jedem Wahlkreise wird ein Abgeordneter gewählt. Die Ab-
grenzung dieser dreiundvierzig ländlichen Wahlkreise erfolgt im Wege des Gesetzes (Art. 20) 1).
Die Vereinigung mehrerer Gemarkungen zu einer Gemarkung sowie die Aufteilung
einer Gemarkung in mehrere Gemarkungen oder die Verteilung einer Gemarkung an andere
Gemarkungen haben auf die Abgrenzung der Wahlkreise keinen Einfluß. Werden Gemarkungs-
teile durch sonstige Veränderungen der Gemarkungsgrenzen einer anderen Gemarkung zu-
geteilt, so werden sie Bestandteil des Wahlkreises, dem diese Gemarkung zugehört (Art. 21).
2. Wählerliste. Für jede Gemeinde hat die Bürgermeisterei nach näherer Vorschrift
der vom Staatsministerium zu erlassenden Wahlanleitung die Liste der Stimmberechtigten
nach Zu- und Vornamen, Alter und Beruf doppelt aufzustellen. Die Behörden und Pfarr-
ämter sind verpflichtet, alle zu deren Aufstellung und Richtigstellung erforderlichen Ausschlüsse
unentgeltlich zu erteilen (Art. 22).
Die Wählerliste ist vierzehn Tage lang auf der Bürgermeisterei zu jedermanns Einsicht
offenzulegen. Der Tag des Beginns und die Dauer der Offenlegung der Wählerliste ist vor
dem Anfange der Offenlegung unter Hinweis auf Einspruchsrecht und Einspruchsfrist (Art. 24
Abs. 1, 2 und 3) sowie unter Angabe des Lokals, in dem die Offenlegung stattfindet, durch die
Bürgermeisterei in ortsüblicher Weise bekanntzumachen (Art. 23).
1) Bgl. hierzu Gesetz, die Zusammensetzung der Zweiten Kammer der Stände, insbesondere
die Bildung der Wahlkreise betreffend, vom 3. Juni 1911, RBl. S. 113.
van Calker, Hessen. 4