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ernannt und damit zu regelmäßigen Vertretern der Ministerialvorstände in Fällen der
Behinderung dieser letzteren bestellt. Ist der Staatsminister zugleich Vorstand eines der drei
Einzelministerien, so steht ihm die Befugnis zu, auch ohne durch Krankheit, Abwesenheit oder
andere besondere Ursache verhindert zu sein, den ihm zur Seite gegebenen Geheimen Staats-
räten seine regelmäßige Vertretung bezüglich der von ihm zu bezeichnenden Geschäfte seines
Dienstkreises zu übertragen. Insoweit in einem Ministerium ein Geheimer Staatsrat nicht
ernannt ist oder insoweit jener an der Vertretung des Ministerialvorstandes verhindert ist,
erfolgt diese Vertretung durch den dienstältesten Ministerialrat (zs 3, 3 a a. a. O.).
II. Die Organisation der Ministerien ist, vorbehaltlich derjenigen Fälle, in welchen ein
Ministerium zu einer kollegialen Entscheidung berufen ist, rein bureaumäßig, d. h. die Ent-
scheidung und Verantwortung steht ausschließlich und allein dem Ministerialvorstande oder
dessen berufenem Vertreter zu.
Besondere Grundsätze gelten für die „bei' 1) den einzelnen Ministerien bestehenden,
dem Minister unterstellten sogenannten Ministerialabteilungen. Deiese sind un-
beschadet der im einzelnen bestehenden Verschiedenheiten 2) kollegial organisiert 3) und haben
die Eigenschaft von sogenannten Zentralmittelstelleng), d. h. sie haben unter der
obersten Leitung des Ressortministers bestimmte, ihnen ausdrücklich übertragene Geschäfte
einheitlich für das ganze Staatsgebiet zu besorgen; letzteres geschieht teils durch Begutachtung
oder vorläufige Bearbeitung, teils durch Vortrag bei dem betreffenden Minister, teils durch
unmittelbar ausführende Verwaltungstätigkeit. Gegenüber den Entscheidungen der Ministerial-
abteilungen ist regelmäßig Rekurs an das vorgesetzte Ministerium zulässig.
Die drei Einzelministerien sind das Ministerium des Innern mit den drei
Abteilungen „für Schulangelegenheiten", „für öffentliche Ge-
sundheitspflege“ und „für Landwirtschaft, Handel und Gewerbe'“,
das Ministerium der Justiz, und das Ministerium der Finanzen mit
den vier Abteilungen,„für Steuerwesen“, „für Forst= und Kameral-
verwaltung“, „für Bauwesen“ und „für Finanzwirtschaft und Eisen-
bahnwesen“z die Ministerialabteilung für Bauwesen ist gleichzeitig auch den übrigen
Ministerien zur Wahrnehmung der Geschäfte der oberen Bauverwaltung beigegeben 5). —
Im übrigen ist bezüglich der Organisation und Zuständigkeit der Einzelministerien und ihrer
Abteilungen auf die Darstellung der einschlägigen Verwaltungszweige zu verweisen.
B. Sonstige Behörden und Einrichtungen zentraler Natur.
8 31. I. Neben dem Staatsministerium und den Einzelministerien bestehen
noch folgende unmittelbare Zentralbehörden, welche jenen sachlich unab-
hängig gegenüberstehen:
1. Der Verwaltungsgerichtshof. Uber dessen Organisation, Stellung
und Zuständigkeit siehe unten § 38.
2. Die Oberrechnungskammer siehe unten § 82.
3. Das Oberkonsistorium siehe unten § 117.
Die vielfach unzutreffenderweise zu den Zentralbehörden gerechnete Großherzogliche
Kabinettsdirektion hat nicht die Eigenschaft einer selbständig entscheidenden Behörde,
1) Vgl. Org. VO. v. 15. III. 1879 5# 10, 11, 12.
2) Vgl. besonders Verordnung, die Aufhebung der Oberstudiendirektion u. d. Bildung
einer Ministerialabteilung für Schulangelegenheiten betr., v. 3. VIII. 1874, i. d. F. v. 27. Xl.
1899; Verordnung, die Aufhebung der Obermedizinaldirektion und die Organisation der Medizinal-
behörden usw. betr., v. 28. XII. 1876 i. d. F. v. 5. XII. 1903.
3) Siehe Verordnung v. 15. III. 1879 88 17, 18, u. V O., die Ministerialabteilung für Bau-
wesen betr. v. 6. V. 1903 § 3. Hiernach entscheidet im allgemeinen Stimmenmehrheit und
bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden; falls sch jedoch die Stimmenmehrheit
gegen die Ansicht des Vorsitzenden ausspricht, hat dieser (außer in Disziplin= und Steuersachen)
die Entschließung des betreffenden Ministeriums einzuholen.
4) Vgl. über diesen Begriff Seydel, Bayr. Staatsrecht 2. A. B. 1 S. 561; s. auch
Gareis, hesfs. StR., S. 67 Üüber den Begriff der „mittelbaren Zentralbehörden“.
5) Bgl. V. v. 6. V. 1903.
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