III. Die Entstehung der hess. Verfassungsurkunde. 21
gierung unbedingt von der Notwendigkeit bestimmt
präzisierter und dauernd gewährleisteter Zugeständnisse
an die Stände überzeugen. Die sofortige Schaffung
eines neuen, den modernen Anschauungen entsprechenden
Verfassungswerkes war nicht mehr zu umgehen. Zwei
durch den Geh Staatsrat Jaup ausgearbeitete Ver—
fassungsentwürfe, welche vor allem die beiden wichtigsten
Rechte der Stände — Zustimmung zu allen Gesetzen
und volles Steuerbewilligungsrecht anerkannten, blieben
leider im Schoße der Regierung verborgen und gelangten
nicht zur Vorlage an die Stände.! Am 14. Oktober
1820, in der 50. Sitzung der zweiten Kammer, wurde
jedoch durch den Geh. Staatsrat Hofmann namens der
Staatsregierung eine klar formulierte bindende Erklä-
rung abgegeben, welche für die Zukunft jede Mißdeu-
tung und jedes Mißverständnis ausschloß.“ Nachdem
die Stände bereits früher aufgefordert worden seien,
alle ihre Einwendungen gegen das Verfassungsedikt
zusammenzufassen und zur Kenntnis der Regierung zu
bringen, beabsichtige die Staatsregierung nunmehr, so
heißt es in dieser Erklärung, „auf den Fall, daß es
ihr — wie sie mit Zuversicht hofft — gelingen wird,
sich mit den Ständen des Großherzogthums über alle
ihre Desiderien, in Beziehung auf jenes Edikt, zu ver-
einigen, das Resultat dieser Vereinigung, noch vor dem
Schlusse dieses Landtages, in eine neuz-redigirte
Urkunde, welche dann alle vereinbarte Punkte der
Verfassung zusammenstellen wird, niederzulegen.“
1 Vgl. Noellner S. 1405. LV. II. 1820, B. 2. H. 6 S. 41 ff.
3 Aus diesen Worten geht deutlich hervor, daß auch die Re-
gierung die Verfassungsurkunde nicht als eine oktroyierte ansehen
wollte, wenngleich die Einleitung der HV. die gegenteilige An-
nahme zu rechtfertigen scheint.