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5. Marine und Schiffahrt.
Mit den nächsten Steuermanns-Prüfungen wird bei den Navigationsschulen
1. In Grabow a. D. am 15. Juli d. Js.,
2. in Stralsund am 24. Juli d. Js.,
3. in Danzig am 7. August d. Js.,
4. in Pillau am 20. August d. Js.,
5. in Memel am 27. August d. Js.,
6. in Barth am 7. September d. Js.
begonnen werden.
6. Heimath- Wesen.
In Sachen des Landarmenverbandes von Alt-Pommern wider den Ortsarmenverband von
Wendisch-Tychow hat das Bundesamt für das Heimathwesen in dem Erkenntniß vom 4. Mai 1874 sich
über den Unterstützungswohnsitz der Kinder wie folgt ausgesprochen:
Die Berufung des Verklagten richtet sich nur dagegen, daß er für schuldig erachtet ist, die
Unterstützung des Sohnes Sch. zu übernehmen und die für denselben verauslagten Kosten
zu erstatten. Hinsichtlich der Wittwe Sch. ist das erste Erkenntniß rechtskräftig. Die Hülfs-
bedürftigkeit des Sohnes Sch. ist nicht streltig. Es fragt sich nur, ob derselbe landarm ist. Ver-
klagter hat dies im Termin zur mündlichen Verhandlung für den Fall zugegeben, daß — wie
Kläger in der Berufungsgegenschrift behauptet — Sch. am 12. August 1845 geboren ist. Für den
Fall, daß Sch. am 12. August 1846 geboren sein sollte, bestreitet Verklagter auch gegenwärtig
dessen Landarmenqualität.
Aber mit Unrecht.
Denn die Unterstützung des Sch. hat im Juni 1872 begonnen. Der etc. Sch. ist mindestens
seit dem 18. Juni 1872 im Wege der öffentlichen Armenpflege unterstützt.
Bis zu diesem Zeitpunkte waren seit dem vollendeten vierundzwanzigsten Lebensjahre des
etc. Sch. — das Geburtsjahr 1846 vorausgesetzt — noch nicht zwel Jahre verflossen, etc. Sch. hatte
mithin noch nicht die Möglichkeit gehabt, durch ununterbrochenen zweijährigen Aufenthalt, beziehungs-
weise durch ununterbrochene zweijährige Abwesenhelt nach zurückgelegtem 24. Lebensjahre einen
Unterstützungswohnsitz zu erwerben oder den besessenen zu verlieren (§§. 10, 22 des Reichsgesetzes
vom 6. Juni 1870). Er theilte daher in armenrechtlicher Beziehung die Verhältnisse seiner Mutter
(§. 19 leg. all.). Diese war nach der zutreffenden Ausführung des ersten Richters im Juni 1872
landarm, folgewelse gilt ein Gleiches auch von ihm. Allerdings sprechen die §§. 18 und 19 des
allegirten Gesetzes nur davon, daß Kinder den Unterstützungswohnsitz der Eltern theilen, allein —
wie das Bundesamt wiederholt entschieden hat — folgen abhängige Personen nicht blos hinsichtlich
des Unterstützungswohnsitzes, sondern auch hinsichtlich der Landarmenqualität der Hauptperson,
(Entscheidungen Heft 3 Seite 23; Central-Blatt für das Deutsche Reich pro 1873 Seite 347).
Daß Sch. denjenigen Unterstützungswohnsitz, welchen seine Mutter am Tage seines vollendeten
vierundzwanzigsten Lebensjahres besaß, von da ab nicht mehr als einen akzessorischen, sondern
als einen selbständigen besessen und so lange behalten habe, bis er ihn kraft eigenen Rechts ver-
loren, ist eine Auffassung des Berklagten, welche weder in dem früheren preußischen Rechte, noch
in dem Reichsgesetze vom 6. Juni 1870 Begründung findet, vielmehr durch den Wortlaut des letzt-
gedachten Gesetzes widerlegt wird. Die Großjährigkeit, bezlehungsweise das vierundzwanzigste
Lebensjahr, ist bezüglich des Unterützungswohnsitzes der Kinder nach altem, wie nach neuem Recht,
nur insofern von Bedeutung, als die Kinder bis zu diesem Zeitpunkte unbedingt den Unterstützungs-
wohnsitz des Vaters resp. der Mutter haben, während sie nachher in die Lage kommen, einen
Unterstützungswohnsitz, unabhängig von demjenigen des Vaters oder der Mutter, erwerben, resp.
verlieren zu können. So lange aber weder das Eine noch das Andere stattgefunden hat, haben sie
denselben Unterstützungswohnsitz, welchen der Vater, resp. die Mutter beim Eintritt der Hülfs-
bedürftigkeit haben. Daß der letztere Zeitpunkt, nicht die Zurücklegung des vierundzwanzigsten
Lebensjahres des Kindes, entscheidend ist, ergiebt sich auch durch eine Vergleichung der §§. 18 und