Full text: Central-Blatt für das Deutsche Reich. Vierundzwanzigster Jahrgang. 1896. (24)

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Das Verfahren der Feststellung des Erstarrungspunktes, welches etwa 2 Stunden Zeit in 
Anspruch nimmt, ist folgendes: 
Man bringt 150 g der Durchschnittsprobe des zu untersuchenden Fettes in einer unbedeckten 
Porzellanschale auf einem siedenden Wasserbade zum Schmelzen, läßt sie nach dem Eintritt der Schmelzung 
mindestens 10 Minuten oder so lange auf dem siedenden Wasserbade stehen, bis das geschmolzene Fett 
eine vollständig klare Flüssigkeit darstellt, und füllt alsdann aus der außen abgetrockneten Schale Fett 
in das Kölbchen des Apparats bis zur Marke. Das Kölbchen stellt man, nachdem der Schliff, wenn 
nöthig, abgeputzt und das Thermometer eingesetzt ist, sofort in den Kasten, klappt den Deckel desselben zu 
und fängt, wenn das Thermometer auf 50° C gesunken ist, an, den Stand desselben mit Zwischenräumen 
von 2 Minuten abzulesen und aufzuschreiben. 
Bei harten Fetten fängt das Thermometer nach einiger Zeit an langsamer zu fallen, bleibt 
einige Minuten stehen, steigt wieder, erreicht einen höchsten Stand und sinkt abermals. Dieser höchste 
Stand ist der Erstarrungspunkt. 
Bei weichen Fetten fängt das Thermometer nach einiger Zeit an langsamer zu fallen, bleibt 
mehrere Minuten auf einem sich nicht ändernden Stand stehen und sinkt dann, ohne den vorigen 
dauernden Stand wieder zu erreichen. Der beobachtete höchste, sich auf einige Zeit nicht ändernde Stand 
giebt den Erstarrungspunkt an.  
In zweifelhaften Fällen ist die Bestimmung des Erstarrungspunktes in der Weise zu wiederholen, 
daß das Fett direkt im Kolben, nachdem man das Thermometer herausgenommen hat, durch Einstellen 
in das Heißwasserbad abermals geschmolzen und demnächst nochmals auf seinen Erstarrungspunkt ge- 
prüft wird. 
Eine genaue Regelung der Temperatur des Zimmers, in welchem die Untersuchung vorgenommen 
wird, ist, wenn dieselbe von einer gewöhnlichen Zimmertemperatur nicht sehr stark abweicht, nicht erforderlich. 
Das Abkühlen des mit einer Temperatur von 100° C in den Kolben gebrachten Fettes auf 50° C dauert 
etwa ¾ Stunden. Wenn die Untersuchung beendet ist, bringt man das Fett in dem Kölbchen durch Ein- 
stellen des letzteren in siedendes Wasser zum Schmelzen, nimmt erst dann das Thermometer heraus, gießt 
das Fett aus und spült das erkaltete Kölbchen mit einigen Kubikcentimetern Aether einige Male aus, 
Bestehen über die Richtigkeit der Ermittelungen nach dem Verfahren der Prüfung des Fettes in 
Bezug auf den Exstarrungspunkt Zweifel oder Meinungsverschiedenheiten, so ist durch einen Chemiker 
die Jodzahl des Fettes zu bestimmen. Zu dem Zwecke bringt man etwa 0,35 bis 0,45 g des fraglichen 
Fettes (genau gewogen) in eine 500 bis 700 ccm fassende, mit gut eingeschliffenem Stopfen versehene 
Flasche, löst in 20 ccm Chloroform und setzt 20 ccm Hüblsche Jodlösung, die 30 bis 36 ccm 1/10 Normal-= 
Natriumthiosulfatlösung entsprechen müssen, hinzu. Man verschließt die Flasche gut, läßt sie 2 Stunden 
unter österem Umschwenken bei 15 bis 20° C stehen und titrirt dann, nachdem man noch 20 ccm 
Jodkaliumlösung (1: 10) und 200 ccm Wasser hinzugesetzt hat, den Jodüberschuß mit 1/10 Normal-Natrium- 
thiosulfatlosung zurück. 
Die Jodlésung ist unmittelbar vor dem Gebrauch, unter Zusatz von Chloroform, Jodkalium- 
lösung und Wasser in den oben angegebenen Mengenverhältnissen zu kontroliren. Ist sie schwächer, als 
oben vorgeschrieben ist, so hat man entsprechend mehr zu nehmen. 
Liegt die ermittelte Jodzahl zwischen 30 und 42, so ist das Fett als Talg anzusprechen, bei 
Abweichungen von diesen Zahlen aber nach Maßgabe des gefundenen Erstarrungspunktes entweder als 
Kerzenstoff oder ab schmalzartiges Fett zu behandeln. Die schmalzartigen Fette zeigen höhere Jodzahlen 
als 4, die Kerzastoffe dagegen niedrigere als 30. 
Wern die vobezeichneten Untersuchungsmethoden sich nicht soweit ergänzen, daß eine endgültige Ent- 
scheidung getroffen  werden kann, oder wenn es sich um die Unterscheidung des Stearins von dem so- 
genannen Preßtalge handelt, d. i. den durch das Auspressen von thierischen Fetten in niederer oder 
höherer Temperatur gewonnenen Preßrückständen von nicht schmalzartiger Konsistenz, welche im Wesent- 
lichen Neutralfette sind und in der Regel einen Erstarrungspunkt über 50° C zeigen, beziehungsweise 
nicht mehr als 5 Prozent freier Fettsäure enthalten, so hat der mit der Sache befaßte Chemiker eine 
Untersuchung der Durchschnittsprobe auf ihren Gehalt an Fettsäure im Wege des Titrirverfahrens 
vorzunehmen. Wird bei der Titration in der Waarenprobe ein Gehalt von mehr als 30, in Proben von 
Preßtalg ein Gehalt von mehr als 5 Prozent freier Fettsäure ermittelt, so ist die betreffende Waare als 
Kerzenstoff anzusehen. 
  
 
	        
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