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sammlung der Altionäre gegebenen Vorschriften
des Handelsgesetzbuchs unter bestimmten Maß-
gaben entsprechende Anwendung. Die Satzung
kann nur durch Beschluß des obersten Organs
geändert werden, und zwar ist jede Anderung zur
Eintragung in das Handelsregister anzumelden.
Dringliche Anderungen können auch, falls die
Satzung oder das oberste Organ solches gestatten,
mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde vorläufig
vom Aufsichtsrat vorgenommen werden; Wirkung
für die bestehenden Versicherungsverhältnisse hat
die Anderung nur dann, wenn sie sich auf Be-
stimmungen bezieht, von denen die Satzung aus-
drücklich vorsieht, daß ihre Anderung auch mit
Wirkung für die bestehenden Versicherungsverhält-
nisse geschehen kann. Die Auflösung kann nur
durch das oberste Organ beschlossen werden; der
Beschluß bedarf der Genehmigung der Aufsichts-
behörde. Nach der Auflösung des Vereins findet
die Liquidation statt, sofern nicht über sein Ver-
mögen der Konkurs eröffnet ist; auf die Liqui-
dation finden die entsprechenden Bestimmungen
des Handelsgesetzbuchs Anwendung. Das nach
Berichtigung der Schulden vorhandene Vermögen
des Vereins wird, falls die Satzung nicht anders
bestimmt, an die zur Zeit der Auflösung vor-
handen gewesenen Mitglieder verteilt. Ein Verein
wird auch aufgelöst durch Eröffnung des Kon-
kurses, wofür die Vorschriften des § 307 des
Handelsgesetzbuchs Geltung haben. Mitglieder
haften für die Schulden des Vereins, soweit ihnen
nach Satzung oder Gesetz eine Beitragspflicht ob-
liegt. Das Gesetz kennt auch Vereine ohne Ein-
tragspflicht, sog. kleinere Vereine, d. h. solche, die
bestimmungsgemäß einen sachlich, örtlich oder
hinsichtlich des Personenkreises eng begrenzten
Wirkungskreis haben. 8 53 regelt die Verhält-
nisse dieser kleineren Vereine, denen ein größerer
Spielraum in ihrer Wirksamkeit gelassen ist. Ob
ein Verein als kleinerer Verein anzusehen ist, ent-
scheidet die Aufsichtsbehörde. — Der vierte Ab-
schnitt (Geschäftsführung der Versicherungsunter-
nehmungeny schreibt die jährliche der Aussichts-
behörde einzureichende Rechnungslegung vor und
gibt wichtige Vorschriften über die Prämien-
reserve bei den Lebensversicherungen. Mit jedem
Jahr wird für den einzelnen Menschen die Wahr-
scheinlichkeit des Sterbens größer, bis er an der
äußersten Grenze angelangt ist. Daher wächst
auch mit jedem Jahr das Risiko, das eine Gesell-
schaft im Versicherungsvertrag übernommen hat.
Deshalb müßte die Prämie eigentlich immer
wachsen. Uber diesem Grundgedanken einer stei-
genden Prämie konstruierte die Hannoversche Ver-
sicherungsgesellschaft eine Zeitlang ihren Geschäfts-
plan, war aber gezwungen, denselben dald wieder,
aufzugeben, da er die Gunst des Publikums nicht Gegen Entscheidungen der Aussichtsbehörde kann
Alle
Gesellschaften stellen darum Durchschnittsprämien
auf. Dadurch ist aber bedingt, daß in den ersten
Versicherungsjahren zu viel gezahlt wird, während
fand und praktisch undurchführbar war.
Versicherungswesen.
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die Prämie für die späteren Jahre zu niedrig ist.
Es muß daher von den früheren Prämien ein Teil
zurückgelegt werden: die Summe dieser zurück-
gelegten Prämienquoten nebst dem dazu gehörigen
Zinserträgnis ist die Prämienreserve. Die Lei-
stungsfähigkeit jeder Lebensversicherungsanstalt ist
dadurch bedingt, daß der Prämienreservefonds
nach zutreffenden Grundsätzen angesammelt und
verwaltet wird. Daher schreibt das Gesetz Regeln
über Ansammlung, Anlegung, Eintragung dieses
Fonds vor. Am Schluß eines jeden Geschäfts-
jahrs ist der Aufsichtsbehörde eine Abschrift der
im Lauf des Geschäftsjahrs bewirkten Eintragungen
vorzulegen. Beim Konkurs der Gesellschaft können
die Versicherten unbeschadet ihrer weitergehenden
Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnis den-
jenigen Betrag fordern, der als rechnungsmäßige
Prämienreserve zur Zeit der Konkurseröffnung
auf sie entfällt. Mit dieser Bestimmung nähert
sich der Gesetzgeber der Auffassung des Versiche-
rungsvertrags als eines Doppelvertrags, in wel-
chem die Prämienreserve die Spareinlage dar-
stellt. Die Forderungen auf die rechnungsmäßige
Prämienreserve gehen insoweit, als die Zuführung
zu diesem Fonds vorgeschrieben ist, den Forde-
rungen aller übrigen Konkursgläubiger vor; unter-
einander haben sie gleichen Rang. Zur Wahrung
dieser Rechte hat das Konkursgericht den Ver-
sicherten einen Pfleger zu stellen. — Der fünfte
Abschnitt (Beaufsichtigung der Versicherungsunter-
nehmungen) behandelt die Aufgaben und Befug-
nisse der Aufsichtsbehörden sowie Verfassung und
Verfahren derselben. Der Aussichtsbehörde sind
weitgehende Rechte zugestanden: sie hat das Recht,
den ganzen Geschäftsbetrieb zu überwachen, den-
selben mit den gesetzlichen Vorschriften und dem
Geschäftsplan in Einklang zu bringen, Mißstände
zu beseitigen, jederzeit die Geschäftsführung und
Vermögenslage eines Unternehmens zu prüfen, in
die Versammlungen und Sitzungen der Mitglieder
oder des Aufsichtsrats Vertreter zu entsenden und
selber Versammlungen zu berufen, den Geschäfts-
betrieb unter gewissen Umständen zu untersagen,
den Konkurs zu beantragen usw. Durch diese tief
einschneidende Aufsicht werden ohne Zweifel die
Versicherten mancher Gesellschaft vor schweren
Schädigungen bewahrt. Seitdem das Gesetz in
Kraft getreten ist, mußten denn auch schon mehrere
Versicherungsanstalten ihren Geschäftsbetrieb än-
dern. Als aussichtsführende Reichsbehörde ist ein
kaiserliches Aufsichtsamt mit dem Sitz in Berlin
errichtet worden. Zur Mitwirkung bei der Auf-
sicht wird bei dem Amt ein aus Sachverftändigen
des Versicherungswesens bestehender Beirat ge-
bildet, welcher in unentgeltlichem Ehrenamt in
vorwiegend gutachtlicher Weise zu wirken hat.
Rekurs eingelegt werden. Als Gebühren für die
Aussichtstätigkeit des Amts werden von den ihm
unterstellten Unternehmungen Jahresbeiträge zur
Deckung der Koften erhoben. Das Amt ver-