fullscreen: Wörterbuch des Deutschen Staats- und Verwaltungsrechts. Dritter Band. O bis Z. (3)

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Staatsfinanzen — Staatslirchliche Gerichtsbarkeit 
  
S 279] große Nachteile für die Kassengebarung 
mit sich. So mußten die bei der Reichsbank zu 
begebenden Schatzanweisungen zur vorübergehen- 
den Verstärkung der Betriebsmittel immer weiter 
erhöht werden. I/N Schatzanweisungen.] Erst die 
neue Reichsfinanzreform hat wieder eine Erleichte- 
rung der Reichskasse gebracht. Ferner sind die 
Reichsbetriebsfonds neuerdings mehrfach gestärkt 
worden. (Vgl. Verwaltung und Statistik April- 
heft 1912 S 98, Januarheft 1913 S 1). Die 
Vorschüsse der Post an die Berufsgenossenschaften 
sind beseitigt durch §6 des R v. 15. 7. 09 betr. 
Aenderungen im Finanzwesen. 
Als mehr oder weniger selbständige Zentral- 
kassen des Reichs kommen in Betracht: Die 
Generalmilitär-, Post-, Legationskasse, die Bureau- 
kasse des RT, Hauptkasse der Reichseisenbahnen, 
Kasse des Patentamts, Kolonialhauptkasse, die 
Oberpostkassen in Leipzig und Kiel für Reichs- 
gricht bezw. Kaiser Wilhelm-Kanal, endlich 
ie Pr. Staatsschuldentilgungs- und Oberrech- 
nungskammerkasse für Reichsschuld bezw. Reichs- 
nechnungekl. Diese Kassen haben die betr. 
Kassengeschäfte selbständig zu führen, darüber 
Rechnung zu legen, werden aber von der Reichs- 
hauptkasse nach Bedarf mit Geldmitteln ausge- 
stattet und haben etwa überschüssige Bestände 
an sie abzuführen (Kasseneinheit). Für die Reichs- 
marinekasse dient die Reichshauptkasse gleichzeitig 
als Zentralkasse. Die Generalpostkasse hat (seit 
1879) ein Konto beim Girokontor der Reichshaupt- 
bank, über das der gesamte Verkehr mit den Ober- 
postkassen geleitet wird. Das Konto wird täglich 
abgeschlossen. Die Abrechnung der Generalpost- 
7 mit der Reichshauptkasse findet monatlich 
tatt. 
Die Erhebung der Gebühren für Benutzung 
von Reichsanstalten geschieht durch die den betref- 
feenden Behörden beigegebenen finanziellen Or- 
gane, von welchen die Abführung der Einnahmen 
direkt an die Hauptkasse erfolgt. Hinsichtlich der 
Abrechnung der Post= und Telegraphengefälle ist 
nach einem langen Uebergangsstadium im Jahre 
1879 der a 51 der RV zur vollen Durchführung 
gekommen. 
Von den Reichssteuern erhebt und verrechnet 
die Postverwaltung die Wechselstempelabgabe (J. 
Die Banknotensteuer bezahlen die einzelnen No- 
tenbanken [IV an die Reichskasse. 
Der Geldverkehr des Reichs mit den 
Bundesstaaten vermittelt sich durch die 
Landeskassen, insbesondere finden monatlich Ab- 
rechnungen über von den einzelstaatlichen Behör- 
den für das Reich erhobene Abgaben, Verbrauchs- 
steuern, Zölle, Matrikularbeiträge usw. statt 
(Zoll WV von 1867; a 3 56, a 16, 4, a 36 Abl2, 38 
der R; R v. 4. 12. 71 & 3). Vgl. auch Proto- 
kolle des BR 1876 544, 1878 8301 und 1880 5 372. 
Ueber die Rechnungsablage der Kassen sowie die 
Revision der Rechnungen 7 Staatshaushalt §& 9ff.K 
Liüteratur: Rühl, Die Kameralrechnungswissen- 
schaft und die Anwendung ihrer Theorie im Staats- und 
Gemeindehaushalt 1867; v. Czörnig, Darstellung der 
Einrichtungen über Budget, Staatsrechnung und Kontrolle 
in Cesterreich, Preußen usw., Wien 1806; v. Rönne 
4, 873 ff; Graaf, HB des Etatskassen= und Rechnungs- 
wesen, 1821; Herrfurth, Das gesamte preuß. Rech- 
nungswesen, 18811 Meißner, Die das Rechnungs- 
  
wesen des preuß. Staates umfassenden Gesetze und Berord- 
nungen, 1878; Laband, Das Finanzrecht des Deutschen 
Reichs (Annalen 18783, 523 f); Fahrmbacher, Das 
Zahlungswesen der allgemeinen Finanzverwaltung in 
Bayern, 18765; Holtzendorff, R. L. 3, 751, Art. 
Staatskassenverwaltung; Schönberg 2, 413 ff; Wal- 
ter, Die Preußische Oberrechnungskammer, 1887. S. 
auch Literatur zu Staatshaushalt. O. Schwarz, For- 
melle Finanzverwaltung, 1907, S 107 ff; Buschkeil, 
Das Kassen= und Zahlungswesen der staatl. und kommun. 
Behörden im Königr. Sachsen, 1909. Die Reichsfinanz- 
reform. Ein Führer. Berlin 1909 II, S 413;:; Zeller 
in der 1. Aufl. dieses WB. Ferner A. Wagner, Lehr- 
buch der Finanzwissenschaft 1883 I 253. 
S. auch die bei dem Artikel „Staatshaushalt“ (S. 490) 
angegebene Literatur. DO. Schwarxz. 
Staatshaushalt 
Staatsfinanzen III S 480. 
Staatskassen 
Staatsfinanzen IV S 490. 
–– — — 
Staatskirchliche Gerichtsbarkeit 
(Appellatio tamquam ab abusu) 
* 1. Geschichtliches. # 2. Preußen. 
Sachsen. 1 5. Württemberg. 
6# 8. Elsaß-Lothringen. 
*§ 1. Geschichtliches. Bei der st. G., wie sie sich 
seit Ausgang des Mittelalters entwickelt hat, be- 
gegnen sich zwei Gedankenreihen. Es galt einer- 
seits Uebergriffe der geistlichen Gewalt in die 
staatliche Rechtssphäre zurückzuweisen, an- 
dererseits die kirchlichen Rechte der Unter- 
tanen und die durch Privilegien oder Gewohn- 
heiten begründete Sonderstellung des 
nationalen Kirchenverbandes gegen Be- 
einträchtigungen, namentlich seitens des Papstes, 
wirksam zu schützen. 
I. Um diesen Aufgaben gerecht zu werden, 
diente die Appellatio (recursus) tamquam ab 
abusu, ein Rechtsmittel, welches zuerst in Spa- 
nien unter dem Namen KRecursos de Fuerza 
angeblich schon seit 1348 vorkommt, dann in 
Frankreich unter dem Namen Appel comme 
chabus seit der Pragmatischen Sanktion von 1438 
näher ausgestaltet wurde, von hier aus aber, mehr 
oder weniger nachgebildet, fast in alle europäischen 
Kulturstaaten, auch nach Deutschland, überge- 
treten ist. 
1. Seine feste gesetzliche Regelung erhielt der 
französische Appel comme d'’abus 
1539 durch die berühmte Ordonnanz von Villers- 
Cotteret. Zur vollen Entfaltung gelangte er 
jedoch erst gegen Ausgang des 16. Jahrhunderts, 
als Pierre Pithou 1594 die sog. Franchises et 
5*3. Bayern. 1 4. 
#5s 6. Baden. 3 7. Hessen. 
 
	        
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