82 Buch I. Abschnitt 3. Die Rechtsinhaber.
Vaters ohne Nachprüfung des Standesbeamten geschehn; sein Vater ist damals wegen Geistes-
schwäche völlig unzuverlässig gewesen; b) seine Mutter ist drei Tage nach seiner Geburt ge-
storben; als ihr Todestag ist im Sterberegister der 8. Mai 85 angegeben; c) in den ordent-
lich geführten Büchern des bei seiner Geburt behilflich gewesenen Arztes ist als sein Ge-
burtstag der 5. Mai 85 vermerkt; d) endlich notieren die Bücher der Hebamme als seinen
Geburtstag den 6. Mai. Hier ist jeder einzelne Gegenbeweis zu a bis d unzureichend.
Denn auch ein geistesschwacher Vater kann richtige Anzeigen machen; und wenn das Sterbe-
register sowie die Bücher von Arzt und Hebamme Angaben enthalten, die denen des Geburts-
registers widersprechen, so ist nicht einzusehn, warum gerade jene richtig und diese falsch sein
sollen; es verbleibt also gegenüber jedem einzelnen Gegenbeweise bei der gesetzlich bestimmten-
Beweiskraft der Angaben des Geburtsregisters, obschon der Standesbeamte, auf dessen Autorität
diese Beweiskraft beruht, selber von dem streitigen Datum nicht mehr weiß als Vormund.
und Vormundschaftsgericht und weniger als Arzt und Hebamme. Dagegen ändert sich die-
Sachlage, wenn man alle vier Gegenbeweise zusammenfaßt: miteinander verbunden lassen
sie in der Tat keinen Zweisel daran, daß B. am 5. oder 6. Mai 85 geboren ist. Sonach-
ist, wenn B. wirklich alle Beweise erbringt, auch der Kauf vom 12. Mai 06 für B. unver-
bindlich. II. Frau D. hat ein Kind geboren; die Arzte streiten darüber, ob es bei der-
Geburt gelebt hat; ein Obergutachten erklärt es zwar nicht für sicher, aber doch für überaus.
wahrscheinlich, daß das Kind schon vor der Geburt tot gewesen ist. Hier hängt die Ent-
scheidung nicht von der Weisheit der Arzte, sondern von dem laienhaften Ermessen des Vaters.
und des Standesbeamten ab. 1. Hat jener die Lebendgeburt angemeldet und dieser sie
eingetragen, so ist das Leben des Kindes damit bewiesen, und dieser strikte Beweis wird
durch das unsichre Obergutachten nicht gebrochen. 2. Ist die Eintragung unterblieben, so-
muß das Leben des Kindes anderweit bewiesen werden, und hierfür ist das Obergutachten
selbstverständlich noch weniger geeignet.
Die Standesbeamten sind meist Gemeindebeamten. Die standesamtlichen Geschäfte
werden nämlich in der Regel entweder von dem Gemeindevorsteher besorgt oder seitens der
Gemeinde andern Angestellten im Haupt= oder Nebenamt übertragen. Doch kann auch der
Staat die Standesbeamten bestellen und muß dies sogar tun, wenn der Standesamtsbezirk
den Bezirk einer Gemeinde überschreitet. — Lehnt ein Standesbeamter die Vornahme einer
Amtshandlung ab, so kann er dazu auf Antrag durch das Amtsgericht angewiesen werden
(RGes. v. 6. Febr. 75 §§ 3—6, 11; R. FG. 69).
Der Standesbeamte soll das Geburis= und das Sterberegister doppelt, als Haupt-
und als Nebenregister, führen; das Hauptregister behält er in eigner Verwahrung; das Neben-
register ist nach Ablauf eines Jahrs in gerichtliche Verwahrung überzuführen. Eine nach-
trägliche Berichtigung der Register ist nur auf Grund amtsgerichtlicher Anordnung zulässig.
— Die Register sind „öffentlich". Das will besagen, daß ein jeder das Recht hat, beglaubigte
Auszüge aus den Registern zu fordern und auch die Register selber einzusehn (Res. v.
6. Febr. 75 88 12—14, 65, 16; R. F. 69, 197).
Jeder Geburts= oder Sterbefall ist in das Register des Standesbeamten einzutragen,
in dessen Bezirk der Fall sich ereignet hat. Die Eintragung geschieht auf Grund einer An-
zeige, die regelmäßig mündlich erfolgen soll. Gewisse Personen sind zu der Anzeige ver-
pflichtet, z. B. bei einem Geburtsfall der eheliche Vater und die Hebamme, bei einem Sterbe-
fall das Familtenhaupt. Daß der Anzeigende bei dem Fall zugegen gewesen, ist nicht all-
gemein erforderlich; daß der Standesbeamte sich seinerseits von der Richtigkeit der Anzeige
überzeuge, ist nur nötig, wenn er zu Zweifeln Anlaß hat (RGes. v. 6. Febr. 75 8§ 19, 18,
58, 57, 21).
II. Ist der Tod oder die Todeszeit einer Person weder aus den standes-
amtlichen Registern noch in andrer Art sicher zu ermitteln, so kann die Un-
gewißheit unter gewissen Voraussetzungen durch eine Todeserklärung be-
seitigt werden. 1
1) Hachenburg, BGB. S. 339; F. Crull, Todeserkl. (Rost. Diss. 05).