§ 25. Todeserklärung gegen Verschollene. 87
als Erben eingesetzt; A. selbst hat ein Testament nicht errichtet. 1. Hier wird auf Grund der
Todeserklärung vermutet, daß A., weil am 1. Mai Ob gestorben, den C. und F. überlebt und
demgemäß den letztern testamentarisch beerbt hat. Ebenso wird vermutet, daß er selber von
D. und E. überlebt und demgemäß von E. als dem ihm dem Grade nach näherstehenden
Verwandten beerbt ist (1928 III). Ergebnis: D. beerbt nur den C., E. beerbt den A. und
den F. 2. Nun ist aber bewiesen, daß A. schon am 10. Mai 02 gestorben und also von
allen vier Verwandten überlebt ist. Damit werden sämtliche zu 1. aus der Todeserklärung
gezogenen Folgerungen hinfällig: F. wird nicht von A., sondern von der Stadt Langensalza,
A. wird nicht von E., sondern von dem ihm dem Grade nach am nächsten stehenden C.
beerbt. Ergebnis: D. beerbt nicht nur den C., sondern auch den A., E. beerbt niemand
und muß deshalb das Vermögen A.3 an D., das Vermögen F.s an die Stadt Langensalza
herausgeben. II. B. lebte, als er in die Fremde ging, mit der G. in kinderloser Ehe;
Ende 03 gebiert aber die G. ein Kind H. und stirbt gleich nach dessen Geburt; auch der
natürliche Vater H.s stirbt bald darauf und vermacht dem Kinde ein ansehnliches Ver-
mögen; als B. zurückkehrt, erkennt er das Kind, weil er selbst keine Verwandte besitzt, als
das seinige an und stirbt 12; ein Testament hat weder er noch die G. errichtet. Hier hat
H. der Reihe nach folgende rechtliche Schicksale durchgemacht. 1. Als H. geboren wurde,
galt er als eheliches Kind B.S; denn so lange, als B.d Tod nicht feststand, durfte niemand
außer B. die Unehelichkeit der Geburt H.s geltend machen (1593), und B. wußte ja von
dieser Geburt nichts. Demnach führte H. den Namen B.s und stand unter B.s väterlicher
Gewalt (1626, 1627). B.8 Gewalt ruhte freilich (1677); das schloß aber nicht aus, daß die
Nutznießung am Vermögen H.3 dem B. zukam (1678); das Vermögen H.s bestand aus dem
Vermächtnis seines natürlichen Vaters und aus ¾ des mütterlichen Vermögens, während der
Rest des letztern dem B. zugefallen war (1924, 1931). 2. Eine Rechtsänderung erfuhr H.
am 15. September 08, als B. für tot erklärt wurde; denn nunmehr konnte die Unehelichkeit
seiner Geburt von jedermann geltend gemacht werden. Demgemäß stand jetzt mit rückwirkender
Kraft fest, daß H. nicht den Namen B.s, sondern den Namen seiner Mutter trug (1706)
und daß er niemals in der väterlichen Gewalt B.s gestanden hatte. Auch kam ihm selbst-
verständlich ein Erbrecht gegenüber B. nicht zu, sondern dessen Vermögen fiel an den
Fiskus (1589 II, 1936). 3. Eine weitere Rechtsänderung trat ein, als B. in die Heimat
zurückkam und damit die Unrichtigkeit der Todeserklärung bewies. H. galt nämlich fortab
— und zwar nicht erst, als B. ihn anerkannte, sondern sofort, als die Unrichtigkeit der
Todeserklärung bekannt wurde (1593) — mit rückwirkender Kraft wieder als eheliches
Kind des B., und demgemäß erhielt er den Namen B. zurück und trat für die Zeit von
seiner Geburt bis zum 1. Mai 05 rückwirkend wieder unter die elterliche Gewalt B.s.
Dagegen lebte die elterliche Gewalt B.s für die Zeit vom 1. Mai 05 ab merkwürdiger-
weise nicht wieder auf; denn hier greift eine jener Ausnahmevorschriften der oben zu
2 b) genannten Art ein: die elterliche Gewalt eines Verschollenen erlischt mit dem in
der Todeserklärung angegebenen Todestage, selbst wenn der Verschollene in Wirklichkeit
noch am Leben ist (1679 1). Doch kann B. die väterliche Gewalt über H. dadurch jeder-
zeit wieder erlangen, „daß er dem Vormundschaftsgericht gegenüber seinen hierauf ge-
richteten Willen erklärt“; das wirkt aber nur für die Folgezeit (1679 II). 4. Die letzte
Rechtsänderung erfährt H., als B. stirbt. Er tritt jetzt endgültig aus der väterlichen Ge-
walt B.3 und wird dessen Alleinerbe, nachdem inzwischen der Fiskus dem B. die diesem
infolge der Todeserklärung abgewonnene angebliche Erbschaft selbstverständlich hat zurück-
geben müssen.
3. Das Urteil, das die Todeserklärung ausspricht, kann von jedem
Interessenten, dem es nicht behagt, „angefochten“ werden (Z3PO. 973, 974
Abs. 1, 957), und dringt der Anfechtende mit seiner Anfechtung durch, so wird
es durch ein zweites Urteil formell aufgehoben. Von einem bloßen Gegen-
beweise gegen das Urteil, der, wie erwähnt, allen Interessenten gleichfalls frei-
steht, unterscheidet sich die Anfechtung wie folgt.