8149 Reichs-u. Landesstaatsgewalt in der auswärt. Verwaltung. 7
gemacht hat, so ist doch damit noch nicht jedes Vertragsrecht der
Einzelstaaten ausgeschlossen. Allerdings kann sich kein Einzel-
staat mit einer vom Reiche getroffenen Bestimmung in Widerspruch
setzen, mag diese nun in einem Gesetze oder in einem Vertrage
des Reiches enthalten sein. Das Reich regelt aber die Gegenstände
nicht immer in erschöpfender Weise, vielfach läßt es den Einzel-
staaten einen weiten Spielraum für den Erlaß von Ausführungs-
bestimmungen und fast immer die Verwaltung nach Maßgabe der
Reichsgesetze. Im ersteren Falle sind über das den Einzelstaaten
vorbehaltene Gebiet der Rechtsnormen, in dem zweiten über die
Verwaltung vertragsmäßige Abmachungen der Einzelstaaten trotz
der reichsgesetzlichen Regelung möglich. Insbesondere fallen hier-
unter die Militärkonventionen der deutschen Staaten mit Preußen
und die Verträge über Errichtung gemeinsamer Gerichte. Daß
diese Verträge nicht mit außerdeutschen Staaten geschlossen werden
konnten, ergibt sich aus der Natur der betreffenden Gegenstände,
da Deutschland auf den Gebieten des Kriegswesens und der Recht-
sprechung eine einheitliche Organisation besitzt, welche nicht durch
die Verbindung mit außerdeutschen Staaten durchbrochen werden
darf. Wenn es sich um andere Gegenstände handelte, würde aber
auch Verträgen deutscher Staaten über die Ausübung der Ver-
waltung nach Maßgabe der Reichsgesetze nichts im Wege stehen.
So ist z. B. ein Vertrag eines deutschen mit einem nichtdeutschen
Staate über die Gewährung der Rechtshilfe und die Auslieferung
von Verbrechern sehr wohl möglich. Aber auch hier muß jeder
Vertrag eines deutschen Einzelstaates, den er nach seinem Eintritte
in den Bundesstaat abschließt, verstanden werden mit der still-
schweigenden auflösenden Bedingung, daß nicht etwa das Reich
von seiner Zuständigkeit in einer Weise Gebrauch macht, welche
Bestimmungen der Einzelstaaten, wie sie in den Verträgen ent-
halten sind, verbietet.
Endlich auf dem nicht der Reichszuständigkeit überwiesenen
Gebiete erscheint die Vertragsfreiheit der Einzelstaaten so unbe-
hindert wie vor der Begründung des Reiches, da die Einzelstaaten
sich hier die volle Freiheit des Handelus bewahrt haben. Gleich-
wohl macht sich eine ähnliche Beschränkung der Einzelstaaten
geltend wie innerhalb der Reichszuständigkeit. Wenn die Einzel-
staaten sich auch einer vollen Unabhängigkeit auf diesem Gebiete