120 Buch J. Abschnitt 4. Die Rechtsgegenstände.
II. 1. a) Die Bestimmung der Sacheinheit hängt bei Grundstücken
von der historischen Uberlieferung und dem durch Eintragung im Grundbuch
amtlich beurkundeten Willen des jeweiligen Grundstückseigentümers ab. 1½
Darauf, ob die für eine Grundstückseinheit in Anspruch genommenen Stücke
Erdoberfläche miteinander zusammenhängen, kommt nichts an: weder ist der
Zusammenhang ein zwingender Beweis für, noch die Trennung ein zwingender
Beweis gegen die Einheit. 20
b) Dagegen wird bei Fahrnissachen die Sacheinheit lediglich durch die
jeweilige Verkehrssitte bestimmt mit der Maßgabe, daß fehlender körperlicher
Zusammenhang der für eine Sacheinheit in Anspruch genommenen angeblichen
Bestandteile die Einheit schlechthin ausschließt.
Beispiele. I. 1. Das dem A. gehörige und von ihm bewirtschaftete Rittergut Ponarth
bildet, obschon es 3000 Hektar groß ist, eine Fülle von Wohnstätten, Ackern, Wiesen, Teiche
usw. enthält und durch eine öffentliche Straße in zwei Teile zerrissen ist, ein einziges Grund-
stück. Denn es ist seit Menschengedenken immer in einer Hand gewesen und ist auch im
Grundbuch unter einer einzigen Nummer eingetragen. 2. Nun verpachtet A. das ganze
östlich der Straße gelegene Stück von Ponarth an B., so daß die Ost= und die Westhälfte
des Guts fortab nicht bloß räumlich, sondern auch wirtschaftlich voneinander getrennt sind.
Trotzdem bildet Ponarth nach wie vor ein einziges Grundstück und wird als solches im
Grundbuch unverändert fortgeführt. 3. Schließlich erwirbt A. einen an die Westhälfte von
Ponarth anstoßenden einen halben Ar großen Streifen Landes zu seinem Gut hinzu und
macht aus diesem halben Ar und aus 200 Ar des alten Guts eine einzige große Wiese.
Hier hat A., obschon sein neuer Erwerb mit dem alten Gut aufs innigste verschmolzen er-
scheint, dennoch zwei verschiedene Grundstücke; beide werden denn auch im Grundbuch unter
verschiedenen Nummern (wennschon möglicherweise auf demselben „Blatt“) registriert.
Diese Zweiheit verschwindet erst, wenn A. das alte Gut und den neuerworbenen halben Ar
ausdrücklich für „ein“ Grundstück erklärt und dies im Grundbuch eintragen läßt (890).
II. 1. B. hat eine Konsole, die in seinem Salon steht, mit dem darüber hängenden Wand-
spiegel durch zwei Klammern locker verbunden. Hier bilden Spiegel und Konsole nach der
Verkehrssitte eine Sacheinheit, wenn sie im Stil zueinander passen. Andernfalls sind sie
zwei verschiedene Sachen. 2. Sind Spiegel und Konsole nicht miteinander verbunden, so
sind sie zwei verschiedene Sachen, auch wenn sie ihrem Stil nach eng zueinander gehören.
2. a) Daß man gewisse Teile der Erdoberfläche für eine Grundstücks-
einheit, daß man gewisse miteinander körperlich zusammenhängende bewegliche
Sachen für eine Fahrniseinheit erklärt, ist von rechtlicher Bedeutung namentlich
wegen des folgenden Satzes: jede Sacheinheit kann als Ganzes von einem
dinglichen Rechtsvorgang betroffen, insbesondre kann über sie als Ganzes
verfügt, sie kann als Ganzes gepfändet werden; ist dies geschehen, so ist der
Vorgang zugleich für alle Bestandteile der Sacheinheit dinglich wirksam.
Beispiele. I. A. hat an seinem Grundstück K dem B. eine Hypothek bestellt; nachträglich
stellt sich heraus, daß eine kleine Wiese, von der man annahm, daß sie dem Nachbar C. ge-
höre, ein Bestandteil von X sei. Hier erstreckt sich B.s Hypothek ohne weiteres auch auf
diese Wiese. II. Ein Gerichtsvollzieher will den oben bei 1b, Beispiel II erwähnten Spiegel
samt Konsole pfänden und tut dies, indem er sein Siegel an dem Spiegel, nicht aber auch
an der Konsole befestigt. Hier ist die Konsole nur dann mitgepfändet, wenn sie Bestandteil
des Spiegels ist.
19) Siehe unten 8 173. 20) Vgl. RG. 63 S. 173.