Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

132 Buch I. Abschnitt 4. Die Rechtsgegenstände. 
Geldstücke der nämlichen Sorte entfernt sich der Nenn= von dem Metallwert 
bei der Scheidemünze. Die Scheidemünzen enthalten nämlich aus münztech- 
nischen Gründen sehr viel weniger Metall, als ihrem Nennwert entspricht: 
sie sind absichtlich minderwertig geprägt. Doch ist dies unschädlich; denn 
Privatpersonen brauchen ja, wie schon erwähnt, nur geringe Beträge in Scheide- 
münzen anzunehmen, und das Reich ist, wie gleichfalls schon erwähnt, jederzeit 
zur Umwechslung der Scheidemünzen gegen vollwertige Goldmünzen verpflichtet. 
b) Auch bei den Reichskassenscheinen und Banknoten schließt sich der Nenn- 
wert an den Metallwert unsrer Münzen an, weil ja die in den Geldscheinen 
genannten Geldsummen vom Reich oder der ausgebenden Zettelbank jederzeit 
in Münzen auszuzahlen sind. 
IV. Das Geld ist durch eine große Reihe von Rechtsregeln ausgezeichnet: 
so ist der Eigentumserwerb an Geld eigentümlich geregelt (935); der Schuldner 
muß Geld auf eigne Kosten an den Wohnort des Gläubigers senden (270) usw. 
V. Auch die Tauschmittel auswärtiger zivilisierter Staaten sind bei uns „Geld“. 
Allerdings soll ihre Benutzung zum Austausch gegen andre Sachen regelmäßig erst im 
Auslande erfolgen; allein sie werden doch fürsorglich bereits im Inlande für die spätere 
Verwendung im Auslande angeschafft, also auch im Inlande als Tauschmittel, d. h. als 
Geld angesehn. Doch ist bei uns der Nennwert des ausländischen Geldes — ausgenommen 
bei entgegengesetzter Abrede der Parteien — nicht maßgebend, sondern sein Kurswert, 
d. h. der Wert, der ihm im Verkehr unter dem Einfluß von Angebot und Nachfrage bei- 
gelegt wird. 
VI. Als Nichtgeld sind folgende Sachen anzusehn: 
1. Ungültige Geldstücke. Hierher gehören außer gefälschten Stücken namentlich alle 
Münzen, die nicht durch gewöhnliche Abnutzung, sondern durch gewaltsame Behandlung an 
ihrem Normalgewicht Einbuße erlitten haben, selbst wenn die Einbuße sich in den Grenzen 
des Passiergewichts bewegt (RGes. v. 71 89, v. 73 Art. 10); auch die Staatskassen brauchen 
derartige Münzen nicht in Zahlung zu nehmen. Ferner Münzen, die gänzlich außer Um- 
lauf gesetzt sind, z. B. die süddeutschen Gulden. Dagegen wird dadurch, daß gewisse 
Geldstücke im Inlande nicht in Zahlung gegeben und genommen werden dürsen — z. B. 
die niederländischen Gulden in ganz Deutschland (Bekanntmachung v. 22. Jan. 74) — diesen 
Geldstücken der Geldcharakter nicht entzogen. 
2. Tauschmittel unzivilisierter Völker, z. B. Muscheln. 
3. Briefmarken, Zinsscheine, Wechsel u. dgl. So oft diese auch tatsächlich bei uns 
als Tauschmittel verwendet werden, sind sie doch nicht in erster Reihe für diesen Zweck 
bestimmt. 
4. Viele wollen auch die Geldzeichen (Reichskassenscheine und Banknoten) nicht als 
Geld behandeln, weil Privatpersonen zu ihrer Annahme nicht verbunden sind. Mit Unrecht. 
Denn viele privatrechtliche Gesetze schließen die Geldzeichen zweifellos in den Geldbegriff ein 
(1806, 270 u. s. w.). Und auch wirtschaftlich sind die Geldzeichen Geld, weil sie in erster 
Reihe als Tauschmittel zu dienen bestimmt sind. 
2) A. Weber, Geldqualität der Banknote (00); Matthiaß 1 S. 159. Abw. Laband, 
Staatsrecht 3 S. 177.
	        
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