160 Buch I. Abschnitt 5. Rechtsgeschäfte.
über die Sache (genauer: über das Eigentum an der Sache), sondern verpflichtet
sich nur, eine solche Verfügung in Zukunft vorzunehmen, nämlich die Sache
in Zukunft dem Käufer zu übereignen (433); der Verkauf bereitet also eine
Verfügung über die Sache (genauer: über das Eigentum an der Sache) vor,
ist aber selber keine Verfügung (s. 1445, 1821 Nr. 1—3 usw.) Demgemäß ist
der Verkauf einer Sache auch keine „Veräußerung" der Sache, weil eine echte
Veräußerung notwendig Verfügungscharakter hat: nicht dadurch, daß jemand
eine Sache verkauft, d. h. daß er sie dem Käufer in Zukunft zu übereignen
verspricht, „veräußert“ er sie, sondern erst dadurch, daß er in Erfüllung dieses
seines Versprechens die Übereignung der Sache tatsächlich vornimmt (932,
936 usw.). Das ist umsomehr zu beachten, als es dem allgemeinen Sprach-
gebrauch des täglichen Lebens widerspricht; denn im täglichen Leben hat selbst
der Jurist nicht das mindeste Bedenken, einen Verkauf gelegentlich auch als
Veräußerung zu bezeichnen.
0) Willensäußerungen, die lediglich auf den Erwerb oder die Erweiterung
eines Rechts abzielen; denn sie bezwecken nicht, daß der Inhaber des Rechts
unter ihnen leidet.
e) UÜbrigens gebrauchen unfre Gesetze das Wort „Verfügung" nicht immer
in dem engen oben zu a bestimmten Sinn, sondern legen ihm mitunter eine
weitere Bedeutung bei, bedenklich genug, weil dadurch mancherlei Auslegungs-
zweifel heraufbeschworen werden.
a) Es kommt nämlich vor, daß das Wort „Verfügung“ einfach im Sinn
von „sRechtsgeschäft“ verwendet wird; insbesondre gilt dies für die Ausdrücke
„letztwillige Verfügung“ (1937, 1509 usw.) und „Verfügung von Todes wegen“
(1948 I, 1951 III usw.).
65) Es kommt ferner vor, daß das Wort „Verfügung“ auch mit Bezug auf
obrigkeitliche Akte, also auf Nichtrechtsgeschäfte, gebraucht wird; insbesondere
gilt dies für die Ausdrücke „Verfügungen, die im Wege der Zwangsvollstreckung
oder Arrestvollziehung erfolgen“ (135 Ib, 883 II b) und „einstweilige Ver-
fügungen des Gerichts“ (885 I1, 899 II usw.).
Beispiele. I. 1. A. übereignet sein Haus an B., B. legt eine Hypothek zugunsten
des C. darauf und gibt sodann sein Eigentum an dem Hause auf. Hier ist dreimal über
das Haus, genauer: über das Eigentum am Hause, verfügt, zuerst durch Veräußerung, sodann
durch Belastung, endlich durch Aufhebung des Eigentums. Die erste Verfügung geschah
einseitig durch A., die beiden folgenden geschahen einseitig durch B., obschon die erste der
Annahme durch B., die zweite der Annahme durch C. bedürftig war (925, 873). 2. Dem
D. steht eine Reallast am Hause des E. zu, die auf lebenslängliche Naturalverpflegung
gerichtet ist; nachträglich vereinbaren D. und E., daß die Naturalverpflegung durch eine
jährliche Geldrente ersetzt werden soll, und lassen dies im Grundbuch eintragen. Hier liegen
zwei Verfügungen vor; die eine geht von D. aus und besteht darin, daß er seine ursprüng-
liche Reallast aufgibt; die zweite geht von E. aus und besteht darin, daß er sein Eigentum
am Hause mit einer Geldreallast neu belastet. II. 1. Es ist eine Verfügung, wenn F. eine
ihm gehörige Flasche Wein schenkungsweise dem G. übergibt (Veräußerung!), nicht aber,
8) Siehe RG. 58 S. 183.