Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

§ 57. Lästige Verträge beschränkt geschäftsfähiger Personen. 183 
also dauernd nichtig bleibt, zwar keine rechtsgeschäftlichen, wohl aber nicht- 
rechtsgeschäftliche Wirkungen haben kann; in dieser Beziehung steht er einem 
von einer geschäftsunfähigen Person abgeschlossenen Vertrage durchaus gleich.“ 
6) Die Zustimmung des Gewalthabers zu einem lästigen Vertrage, den 
sein beschränkt geschäftsfähiger Pflegebefohlener abgeschlossen hat, ist, mag sie 
im voraus oder nachträglich erteilt werden, ein einseitiges Hilfsrechtsgeschäft, 
das dem von dem Pflegebefohlenen selbst abgeschlossenen Vertrage als dem 
Hauptgeschäft unterstützend zur Seite tritt. Der Gewalthaber kann also, wenn 
er sich im Interesse seines beschränkt geschäftsfähigen Pflegebefohlenen für den 
Abschluß eines lästigen Vertrages entschieden hat, den eigentlichen Vertrags- 
schluß dem Pflegebefohlenen überlassen: er braucht nicht, wie der Gewalthaber 
eines Geschäftsunfähigen, als Vertreter seines Pflegebefohlenen an dessen Stelle 
zu handeln, sondern es genügt, wenn er als bloßer Beistand des Pflege- 
befohlenen neben ihm tätig wird. 
*) Ob der Gewalthaber einer beschränkt geschäftsfähigen Person den 
lästigen Verträgen seines Pflegebefohlenen zustimmt oder seine Zustimmung 
verweigert, steht in seinem Belieben; ja er kann sogar so lange, als der 
Vertrag, dem die Zustimmung gilt, noch nicht abgeschlossen ist, die bereits 
erteilte Zustimmung und ebenso ihre Verweigerung beliebig widerrufen (183); 
erst wenn der Vertragsschluß erfolgt ist, sind beide Erklärungen unwiderrufllich. 
Beide Erklärungen bedürfen einer Form nicht, selbst wenn der Vertrag, dem 
die Zustimmung gilt, selber formbedürftig ist (182 II), und können sowohl 
gegenüber der Gegenpartei wie — freilich mit einer alsbald zu besprechenden 
wichtigen Ausnahme" — auch gegenüber dem Pflegebefohlenen abgegeben 
werden (182 1). Das nänliche gilt für den Widerruf dieser Erklärungen; 
doch ist wohl anzunehmen, daß der Gewalthaber, der eine gegenüber der 
Gegenpartei erklärte Zustimmung gegenüber seinem Pflegebefohlenen widerruft, 
hiervon der Gegenpartei Anzeige machen muß (s. 170). Daß die Zustimmung 
immer nur auf einzelne konkrete Rechtsgeschäfte gerichtet werden dürfte, ist 
nicht vorgeschrieben; sie kann vielmehr auch generell ganze Gattungen von 
Geschäften umfassen; doch ist das sehr bestritten. 
) Ein fester Termin, bis zu dem ein Gewalthaber einem lästigen Vertrage 
seines Pflegebefohlenen, dem er nicht im voraus zugestimmt hat, seine nach- 
trägliche Zustimmung spätestens erteilen müßte, ist gesetzlich nicht bestimmt; 
es ist also denkbar, daß er die Zustimmung gültig noch nach Jahren erteilt. 
Doch kann die Gegenpartei ihn jederzeit zu einer Erklärung über seine nach- 
trägliche Zustimmung auffordern. Eine solche Aufforderung hat eine doppelte 
Wirkung: erstens wird jede Erklärung über die Zustimmung, die der Gewalt- 
haber etwa in der Zwischenzeit zwischen dem Abschluß des Vertrages und dem 
6) Siehe oben § 55 I, 2 a. 7) Siehe unten zu J. 
8) Dafür z. B. Dernb., BR. 1 120 Nr. 4. Dagegen z. B. v. Blumec, Jahrb. f. Dogm. 
48 S. 417. Siehe auch unten bei Anm. 13.
	        
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