Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

184 Buch I. Abschnitt 5. Rechtsgeschäfte. 
Empfang der Aufforderung seinem Pflegebefohlenen gegenüber abgegeben hat, 
unwirksam, und auch in der Folgezeit kann eine solche Erklärung nicht mehr 
gültig gegenüber dem Pflegebefohlenen, sondern nur noch gegenüber der 
Gegenpartei abgegeben werden; zweitens wird angenommen, daß der Gewalt- 
haber, wenn er nicht binnen zwei Wochen nach Empfang der Aufforderung 
seine Zustimmung positiv erklärt, die Zustimmung verweigere (108 I)). 
g) In der Schwebezeit, während deren der Gewalthaber einer beschränkt 
geschäftsfähigen Person einen lästigen Vertrag, den sein Pflegebefohlener ohne 
seine vorausgehende Zustimmung abgeschlossen hat, durch seine nachträgliche 
Zustimmung gültig zu machen vermag, steht nicht nur er selber, sondern auch 
die Gegenpartei dem Vertrage frei gegenüber. Denn das Gesetz gibt ihr das 
Recht, während dieser Schwebezeit den Vertrag beliebig zu widerrufen 109 1). 
Doch soll eine Ausnahme gelten, wenn die Gegenpartei beim Abschluß des 
Vertrages nachweislich gewußt hat, daß sie es mit einer beschränkt geschäfts- 
fähigen Person zu tun hatte (109 Il); in diesem Fall hat sie nämlich das Wider- 
rufsrecht nur unter der Voraussetzung, daß die beschränkt geschäftsfähige Person 
wahrheitswidrig behauptet hat, der Gewalthaber habe im voraus seine Zu- 
stimmung zu dem Vertrage gegeben, und daß sie selber die Unrichtigkeit dieser 
Behauptung beim Vertragsschluß nicht gekannt hat; ist diese Voraussetzung 
nicht erfüllt, so ist die Gegenpartei während der Schwebezeit an den Vertrag 
einseitig gebunden, und nur der Gewalthaber der beschränkt geschäftsfähigen 
Person, nicht diese selbst kann sie aus jener einseitigen Gebundenheit entlassen; 
der Vertrag „hinkt“ also (negotium claudicans!), indem er nur die eine 
Vertragspartei verpflichtet, die andre aber frei läßt. 
) Solange der Gewalthaber einer beschränkt geschäftsfähigen Person die 
lästigen Verträge, die sein Pflegebefohlener ohne seine vorausgehende Zu- 
stimmung abgeschlossen hat, durch seine nachträgliche Zustimmung gültig machen 
kann, solange kann auch der Pflegebefohlene selber diese Verträge vor der 
Nichtigkeit retten, nämlich einfach dadurch, daß er die ihm auf Grund des 
Vertrages obliegende Leistung tatsächlich bewirkt, sei es gleich bei Abschluß des 
Vertrages, sei es nachträglich. Doch ist dabei vorausgesetzt, daß dem Pflege- 
befohlenen die Mittel für jene Leistung gerade zu diesem Zweck oder zu freier 
Verfügung von seinem Gewalthaber oder mit dessen Zustimmung von einem 
Dritten überlassen worden sind (110). 
0) Bei gewissen Arten von lästigen Verträgen einer beschränkt geschäfts- 
fähigen Person bedarf die Zustimmung des Gewalthabers, mag sie im voraus 
oder nachträglich erteilt werden, zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung eines 
dem Gewalthaber zur Seite gestellten Gegenvormundes oder Beistandes oder 
gar des Vormundschaftsgerichts. Welche Verträge dies sind, wird erst im 
Familienrecht mitzuteilen sein;? hier genüge die Bemerkung, daß die Genehmigung 
9) Siehe unten §§8 318, 340.
	        
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