§ 57. Lästige Verträge beschränkt geschäftsfähiger Personen. 185
des Vormundschaftsgerichts u. a. für den Verkauf und die Übereignung von
Grundstücken, für die Aufnahme von Darlehen und für die Übernahme von
Bürgschaften erforderlich ist (1821 Nr. 1, 3, 1822 Nr. 8, 10, 1643 1). Für die
Genehmigung von Gegenvormund, Beistand und Vormundschaftsgericht gelten
im allgemeinen analoge Vorschriften wie für die vom Gewalthaber selbst zu
erteilende Zustimmung; eine Besonderheit ist, daß sie weder dem Pflege-
befohlenen noch der Gegenpartei gegenüber, sondern einzig und allein gegen-
über dem Gewalthaber erklärt werden kann (1828, 1832, 1690 I, 16 13 III).10
5) Wird eine beschränkt geschäftsfähige Person unbeschränkt geschäftsfähig,
so bleiben die lästigen Verträge, die sie in den Zeiten ihrer beschränkten Ge-
schäftsfähigkeit ohne Zustimmung ihres Gewalthabers abgeschlossen hat, nach
wie vor nichtig: davon, daß sie nunmehr von selbst gültig würden, ist also
keine Rede! Wohl aber ist es möglich, daß die Nichtigkeit der Verträge noch
jetzt durch eine nachträgliche Zustimmung geheilt wird. Für diese Zustimmung
gelten die bisher entwickelten Regeln mit der Maßgabe, daß sie selbstverständ-
lich von der vormals beschränkt geschäftsfähigen Person selber und nicht mehr
von ihrem Gewalthaber erteilt wird (108 III), daß sie der Genehmigung von
Gegenvormund, Beistand oder Vormundschaftsgericht nicht bedarf (1829 III)
und daß sie einzig und allein gegenüber der Gegenpartei zu erklären ist.
Beispicle. I. Der zwanzigjährige Hausdiener A. hat durch arglistige Täuschung den
B. bestimmt, ihm ein Fahrrad, das er angeblich für seinen Dienst brauchte, zu schenken,
hat es aber sofort ohne Wissen seines Vormundes C. dem mit dem Sachverhalt bekannten,
also schlechtgläubigen D. verkauft und übereignet. Hier macht sowohl die Schenkung des
Fahrrades von B. an A. wie der Verfauf des Fahrrades von A. an D. einen Schwebe-
zustand durch, der erst endigt, wenn B. das erste Geschäft ansicht (123) und C. dem zweiten
Geschäft nachträglich zustimmt (108 1). 1. Erster Fall: weder sicht B. an noch stimmt C. zu.
Hier ist das erste Geschäft gültig, das zweite nichtig. Folge: das Rad gehört dem A. 2. Zweiter
Fall: sowohl B. sicht an wie C. stimmt zu. Hier ist das erste Geschäft nichtig, das zweite gültig.
Folge: das Rad gehört dem B. 3. Dritter Fall: B. sicht an, C. stimmt nicht zu. Hier sind
beide Geschäfte nichtig. Folge: das Rad gehört, wie im zweiten Fall, dem B. 4. Vierter Fall:
B. ficht nicht an, C. stimmt zu. Hier sind beide Geschäfte gültig. Folge: das Rad gehört dem D.
II. 1. Der neunjährige E. erscheint eines Tages mit dem neunzigjährigen, geistesschwachen,
aber nicht entmündigten F. auf dem Grundbuchamt, um ein ihm geböriges Grundstück diesem
aufzulassen und überreicht zu seiner Legitimation zwei öffentliche Urkunden, einc, in der sein
Vormund der Auflassung zustimmt, eine andre, in der das Vormundschaftsgericht die Auf-
lassung genehmigt. Hier muß das Grundbuchamt die Auflassung des Kindes an den Greis
entgegennehmen und das Grundstück auf des letzteren Namen umschreiben: denn das Kind ist
zwar bloß beschränkt geschäftsfähig, hat jedoch diesen Mangel durch die beiden von ihm über-
reichten Schriftstücke völlig ausgeglichen; der Greis aber ist, weil nur geistesschwach und nicht
eigentlich geisteskrank, sogar unbeschränkt geschäftssähig. 2. Wäre D. erst 6 Jahre alt und
E. wegen seiner Geistesschwäche entmündigt, so müßte sich der Vormund auf das Grund-
buchamt in Person bemühen oder wenigstens einen mehr als siebenjährigen Vertreter dorthin
schicken (s. 165); dagegen wäre E., da es sich für ihn lediglich um einen rechtsgeschäftlichen Gewinn
handelt, zur Entgegennahme der Auflassung wie zu 1 selbständig auch ohne Vormund befugt.
III. 1. G. hat seinem reichen Mündel H., der mit achtzehn Jahren die Universität Marburg
bezieht und dort vier Semester bleiben soll, mündlich erlaubt, sich dort eine dem G. bekannte
0) R. 59 S. 279.