186 Buch I. Abschnitt 5. Rechtsgeschäfte.
Villa für einen Jahresmietzins von 3000 Mk. auf zwei Jahre zu mieten und sich das er-
forderliche Mobiliar bis zum Betrage von 8000 Mk. anzuschaffen. Diese Erlaubnis ist eine
gültige Zustimmung zu den in ihren Rahmen fallenden lästigen Verträgen H.s, obschon sie,
was die Möbel angeht, sehr allgemein gefaßt ist und obschon für einen zweijährigen Miet-
vertrag das Gesetz die Schriftsorm vorschreibt (566). 2. Derselbe Fall; H. hat bereits die
Villa gemictet und auch einige Möbel angeschafft; da kommen dem G. Bedenken, ob er mit
seiner Ermächtigung an H. nicht zu weit gegangen sei; er widerruft deshalb telegraphisch
seine Erlaubnis; H. kehrt sich aber nicht daran, sondern setzt seine Möbelanschaffungen fort:
u. a. kauft er für 2000 Mk. ein Buffet; als G. dies hört, verbietet er dem H. tclegraphisch
jeden weitern Möbelkauf und widerspricht speziell der Anschaffung des Bussets. Hier ist zu
unterscheiden: a) Die Mietung der Villa und die Möbelkäufe, die H. bereits vor Eingang
des ersten Telegramms abgeschlossen, bleiben gültig. b) Die später abgeschlossenen Möbel-
käufe sind nichtig, können aber dadurch gültig gemacht werden, daß G. sie nachträglich ge-
nehmigt; nur bei der Anschaffung des Buffets ist eine nachträgliche Genehmigung aus-
geschlossen: denn H. hat ihr ja bereits widersprochen und kann diesen Widerspruch nicht
zurücknehmen. 3. Derselbe Fall wie zu 2; nur hat G. dem Marburger Möbelhändler J.
geschrieben, daß er dem H. die selbständige Anschaffung von Möbeln gestattet habe. Hier
sind die Möbelkäufe, die H. gerade mit J. abgeschlossen hat, auch dann gültig, wenn der
Abschluß erst nach Eingang der beiden Telegramme erfolgt ist. Denn G. hätte die Zurück-
nahme jener Erlaubnis nicht bloß gegenüber H. erklären, sondern auch dem J. anzeigen
sollen. 4. Derselbe Fall wie zu 2; nur hat G. dem H. ein Taschengeld von 1000 Mk. mit-
gegeben; H. hat die noch nach Eingang des zweiten Telegramms gekauften Möbel mit diesem
Gelde bar bezahlt und auch auf das zwischen dem Eingang des ersten und zweiten Tele-
gramms angeschaffte Buffet eine Anzahlung von 100 Mk. geleistet; alle andern Möbel sind
unbezahlt. Hier sind nicht bloß die vor Eingang des ersten, sondern auch die seit Eingang
des zweiten Telegramms albgeschlossenen Möbelkäuse gültig. Dagegen sind die übrigen
Möbelkäufe ungültig; insbesondre gilt dies auch für die Anschaffung des Buffets: denn
dessen Nichtigkeit kann wohl durch Vollzahlung des Kaufpreises, nicht aber durch eine bloße
Anzahlung geheilt werden. 5. Derselbe Fall wie zu 4. Nur hatte G. nach den schlechten
Erfahrungen, die er mit H. gemacht, diesen auf einen Wechsel von 600 Mk. monatlich gesetzt
und ihm genau vorgeschrieben, wie er die 600 Mk. zu verwenden habe; unter anderm hatte er
bestimmt, daß H. sein Mittagessen im „Ritter“ einnehmen solle: H. speist aber nicht im
„Ritter“, sondern bei „Pfeifer“. Hier sind H.s Verträge mit Pfeifer ungültig, auch wenn
er bar zahlt: denn sein Wechsel war ihm nicht zur Bezahlung Pfeifers überlassen. 6. Derselbe
Fall wie zu 1; nur hat G. dem H. erlaubt, die oben erwähnte Villa, die gerade sehr preis-
wert zu haben war, käuflich zu erwerben, und H. hat dies auch getan. Hier ist der Kauf
ungültig, weil G. die Zustimmung zum Ankauf der Villa nur mit Genehmigung des Vor-
mundschaftsgerichts erteilen konnte (1821 Nr. 4). Und diese Ungültigkeit kann auch dadurch
nicht geheilt werden, daß H. den bedungenen Kaufpreis für die Villa mit Mitteln bar bezahlr,
die G. oder mit G.S Zustimmung ein Onkel des H. ihm sür diesen Zweck zur Verfügung
gestellt hatte.12 IV. 1. Der zwanzigjährige K. hat von L. ein Pferd für 1800 Mk. gekauft
und übergeben erhalten; die Bezahlung des Kaufgeldes soll in sechs Wochen stattfinden: daß
K. minderjährig war, hat L. gewußt; er hat aber als selbstverständlich angenommen, daß M.,
der Vormund K.S, mit dem Kauf einverstanden sei; erst einige Tage darauf hört er zu
seinem Schrecken, daß K. häufig gegen das Verbot des M. Rechtsgeschäfte abgeschlossen und
M. diese Geschäfte nicht genehmigt habe; die Unsicherheit, in die er dadurch gerät, ist ihm
um so peinlicher, weil inzwischen N. ihm ein Angebot von 2000 Mk. auf das nämliche Pferd
gemacht hat; er fordert deshalb den M. auf, sich schleunigst darüber zu erklären, ob er dem
Kauf seines Mündels zustimme. Ist ihm hierdurch geholfen? Um diese Frage zu entscheiden,
erwäge man folgendes: a) Zunächst ist mit der Aufforderung gar nichts erreicht, wenn M.
dem Kauf seines Mündels im voraus zugestimmt hatte; denn alsdann braucht er dem L. über-
haupt nicht zu antworten. Gesetzt also, daß M. einen vollen Monat nicht antwortet, ist L.
immer noch nicht klüger als vorher: auch jetzt weiß er nicht, ob sein Verkauf an K. gültig ist
oder ob er freie Hand hat, das Angebot N.s anzunehmen! Denn er hat zwar den Verdacht,